Eizellenspende in der Schweiz
Viele offene Fragen und wenig Bereitschaft
In der Schweiz ist die Eizellenspende verboten, soll aber mit einer Gesetzesrevision zugelassen werden. Die Frage ist, woher die Eizellen kommen sollen. biorespect hat eine Umfrage durchgeführt, die erstmals repräsentativ Daten aufzeigt.

Ergebnisse einer Umfrage (n = 1.008) zur Bereitschaft, selbst Eizellen zu spenden: 31,2 % können sich eine Spende eher oder auf jeden Fall vorstellen, während 66,3 % dies eher nicht oder auf keinen Fall möchten. 2,6 % gaben keine Auskunft.
Im Januar 2025 hat der Bundesrat Rahmenbedingungen1 als Grundlage für eine Zulassung der Eizellenspende2 vorgestellt. Ein zentrales Argument der Befürworter*innen ist, dass die Zulassung des Verfahrens die Gleichbehandlung von Frauen und Männern fördere. Dabei unterstellen sie, die Eizellenspende ließe sich mit der Samenspende vergleichen. Diese Argumentation blendet jedoch einen entscheidenden Unterschied aus: Während eine Samenspende lediglich eines Bechers bedarf, bedeutet die Eizellenspende für die Spenderin einen invasiven medizinischen Eingriff mit hormoneller Stimulation über mehrere Wochen hinweg, einer Entnahme der Eizellen unter Narkose und mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen.
Bisher reisen Frauen aus der Schweiz für eine Behandlung mit Eizellenspende ins Ausland, etwa nach Spanien oder Tschechien. Auch dieser als „Fortpflanzungstourismus“ bezeichneten Praxis will der Gesetzgeber mit der Zulassung der Eizellenspende entgegentreten. Laut eines Gutachtens im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) schätzten die befragten Ärzt*innen, dass mehrere Hundert ihrer Patientinnen jährlich für eine Kinderwunschbehandlung mit Eizellenspende ins Ausland reisen.3 Wie groß der Bedarf an Eizellen tatsächlich ist, lässt sich daraus kaum ableiten.
Bereitschaft zur Spende gering
Eine fundierte gesellschaftliche und politische Debatte erfordert verlässliche Informationen über die zu erwartenden Herausforderungen und Spannungsfelder. Doch die Studienlage zur Eizellenspende in der Schweiz ist dürftig. Darum hat biorespect im Jahr 2022 ein Gutachten zu den medizinischen Risiken der Eizellenspende veröffentlicht4 und 2023 mit der Anthropologin Laura Perler eine Ausstellung zur Eizellenspende in Bern ausgerichtet. Aufbauend darauf veröffentlichten wir im April dieses Jahres die Auswertung einer von uns 2021 in Auftrag gegebenen Umfrage. Darin wurden 1.008 Frauen in der Schweiz zwischen 18 und 30 Jahren zu ihrem Wissen über und ihrer Bereitschaft zur eigenen Eizellenspende befragt.5
Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört, dass die Mehrheit der Frauen (87 Prozent) das Verfahren der Eizellenspende kennt, aber nur 47 Prozent um die gesundheitlichen Risiken für die Spenderinnen wissen. Den Befragten wurde auch ein Infotext vorgelegt, der neutral über das Verfahren der Eizellenspende, die Hormonbehandlung und bestimmte medizinische Risiken informierte. Danach können sich zwei Drittel der befragten Frauen nicht vorstellen, selbst Eizellen zu spenden.
Eine deutliche Mehrheit der Befragten gab als Gründe für diese Antwort an, Bedenken wegen gesundheitlicher Risiken zu haben. Ein Drittel der Befragten führte auch an, dass die Behandlung ihrer persönlichen Überzeugung widerspreche. Viele formulierten zudem Bedenken vor einem persönlichen Bezug zum Kind.
Ökonomisierung reproduktiver Ressourcen
Zahlreiche Erhebungen bei Eizellenspenderinnen, etwa in Spanien oder den USA, machen deutlich, dass diese vor allem aus finanziellen Gründen die Eizellenabgabe in Kauf nehmen. Daher werden im Diskurs auch Forderungen nach einer angemessenen Bezahlung der Spenderinnen laut. „Dass Frauen rein aus Nächstenliebe reproduktiv tätig werden, ist eine patriarchal geprägte Vorstellung und stützt wiederum die bestehenden Strukturen“, sagt etwa Carolin Schurr, Professorin für Sozial- und Kulturgeographie an der Universität Bern.6
Ebenso offen sind Fragen zu den Auswirkungen des Verfahrens auf soziale Ungleichheiten sowie zur fortschreitenden Ökonomisierung der Reproduktionsmedizin. Offen bleibt auch, wie die Rechte der mittels einer Eizellenspende geborenen Kinder wirksam geschützt werden können. Vorgesehen ist ein zentrales Register, mit dem das Recht des Kindes auf Kenntnis über die eigene Abstammung ermöglicht werden soll. Aus anderen Ländern, in denen das Verfahren legal, aber nur offen – also nicht anonymisiert – möglich ist, reisen weiterhin Frauen oder Paare ins Ausland, da sie die Anonymität bevorzugen. Dabei spielen auch geringere Behandlungskosten eine Rolle. Häufige Zielländer sind Spanien und Tschechien. In beiden großen Destinationen ist die Anonymität der Spenderin Bedingung für die Aufnahme einer Kinderwunschbehandlung.
Import von Ausbeutung
Die Ausbeutung von Frauen in prekären Lagen ist in der geplanten Regelung bereits angelegt. Wie realitätsfern die derzeitigen Pläne in der Schweiz sind, macht ein Blick auf Länder mit ähnlichen Rahmenbedingungen deutlich: In Norwegen und Österreich ist die Eizellenspende seit einigen Jahren erlaubt und nicht anonym, also genau wie in der Schweiz geplant, aber es finden sich nicht genügend Spenderinnen. Laut der offiziellen Statistik der zuständigen norwegischen Behörde haben im Jahr 2022 lediglich 101 Frauen in Norwegen ihre Eizellen gespendet. Gleichzeitig stieg der Import von Eizellen Dritter aus einer finnischen Eizellenbank auf 243.7 In Österreich wurden im Jahr 2023 167 In-vitro-Fertilisations-Behandlungen mit Eizellen Dritter durchgeführt.8 Auch hier ist davon auszugehen, dass ein Großteil der benötigten Eizellen importiert werden muss oder die Klientinnen direkt in eine Fortpflanzungsklinik im nahen Ausland geschickt werden. Der Schweizer Bundesrat scheint dieses Problem auch erkannt zu haben. Deshalb wird erwogen, den Import von Eizellen zu erlauben. Wie dabei jedoch die Einhaltung Schweizer Vorgaben gewährleistet werden soll, bleibt offen. Zu befürchten ist vielmehr, dass der Ausbeutung von Frauen keine Grenzen gesetzt werden.
Mit der geplanten Legalisierung droht ein Szenario, das bereits aus anderen Ländern bekannt ist: Ein wachsender Bedarf trifft auf ein geringes Angebot und schafft einen lukrativen Markt, auf dem mit Risikokapital hohe Profite gemacht werden, während gleichzeitig diejenigen unzureichend geschützt sind, die ihre Eizellen abgeben. Es droht die Auslagerung der Risiken an ökonomisch benachteiligte Personen, vor allem im Ausland. Die US-amerikanische Soziologin Dorothy Roberts spricht in diesem Zusammenhang von einem „rassifizierten Kastensystem“, in dem sich globale Machtgefälle auch in der reproduktiven Struktur widerspiegeln.9 Die Schweiz würde damit – entgegen aller ethischen Beteuerungen – zu einer der Akteur*innen einer globalen Infrastruktur der Reproduktionsmedizin, in der soziale Ungleichheit systematisch reproduziert wird.
Statt auf fragile Gleichstellungsrhetorik und technokratische Gesetzesentwürfe zu setzen, braucht es eine breite gesellschaftliche Debatte über die Probleme und Folgen im Zusammenhang mit der Eizellenspende. Zentral bleiben die Fragen: Wer profitiert? Wer kann sich das Verfahren leisten? Und wer kann über wessen Körper verfügen?
- 1
Bundesamt für Gesundheit (30.01.25): Bundesrat beschliesst Eckwerte für die Zulassung der Eizellenspende. Online: www.kurzlinks.de/gid274-ia. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 2
Der Begriff der „Spende“ ist für die Realität der Abgabe von Eizellen eigentlich denkbar ungeeignet. Treffend formulieren Walby und Cooper (2008: 67), dass die Spende unter den heutigen Bedingungen der hochkapitalisierten Biowissenschaften oft ein Mittel ist, um Spenderinnen zu enteignen und ihnen die Rechte an körperlichen Materialien zu verweigern.
- 3
Siegl, V./Bigler, C./Büchler, T. et al. (2021): Gutachten: Transnationale Reproductive Mobilität aus der Schweiz. Bundesamtes für Gesundheit. Online: www.kurzlinks.de/gid274-ic. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 4
Bartram, I./Stüwe T. (2022): Gutachten: Medizinische Risiken der Eizellspende. biorespect. Online: www,kurzlinks.de/gid274-id. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 5
biorespect (2025): Einstellungen junger Frauen in der Schweiz zur Eizellenspende. Online: www.kurzlinks.de/gid274-ib. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 6
Müller-Frank, S. (25.04.25): Eizellenspende legalisieren: Geht das auch fair? Republik. Online: www.republik.ch/2025/04/25/eizellenspende-geht-da…. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 7
Helsedirektoratet Norge (2024). Assistert Befruktning. 2021-2023. Online: www.kurzlinks.de/gid274-ik. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 8
Kern, R. (2024): IVF-Register Jahresbericht 2023. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Online: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3866. [Letzter Zugriff: 16.07.25]
- 9
Roberts, D.E. (2009): Race, Gender, and Genetic Technologies: A New Reproductive Dystopia? In: Signs 34 (4), S. 783–804.
Gabriele Pichlhofer ist Soziologin und arbeitet für biorespect.
Dr. Tino Plümecke ist Wissenschaftsforscher und arbeitet für biorespect.