Rezension: Population Control

Der bereits 2015 erschienene Sammelband „Vom ‚Volk‘ zur ‚Population‘“ geht ab der Nachkriegszeit der Entwicklung der Politiken nach, die biopolitisch in die Bevölkerung intervenierten. Dabei werden die Felder internationale Bevölkerungspolitik, Humangenetik und Gesundheitspolitik beleuchtet. Auf internationaler Ebene werden anhand mehrerer Länderbeispiele (Kenia, Kolumbien, Haiti) die Versuche internationaler Organisationen analysiert, die vermeintliche Bevölkerungsexplosion in der so genannten Dritten Welt einzudämmen. Dabei stehen besonders der Population Council und die Ford Foundation als prägende Institutionen im Fokus. Die in Deutschland durch ihren Beitrag zur Ermordung psychiatrisierter und behinderter Menschen diskreditierte Eugenik versuchte sich nach dem 2. Weltkrieg als Humangenetik zu erneuern. Dies gelang in der öffentlichen Wahrnehmung durch einen Generationenwechsel und eine Fokusverlagerung vom Ziel der Bevölkerungs“verbesserung“ auf Hilfestellung zur Entscheidungsfindung für Ratsuchende. Dass damit jedoch die Verantwortung sowohl für die Bevölkerung als auch für das eigene Glück und das der Nachkommen auf den - oder besser die - einzelne verschoben wurde, zeigen die Texte des Bandes auf beeindruckende Weise.

Kirsten Achtelik

➤ Thomas Etzemüller (Hg.): Vom „Volk“ zur „Population“. Interventionistische Bevölkerungspolitik in der Nachkriegszeit, Westfälisches Dampfboot (2015), 297 Seiten, 29,90 Euro, ISBN 978-3-89691-719-5.

Erschienen in
GID-Ausgabe
238
vom November 2016
Seite 49