Rezension: Bioterror als Phantasma

Anthrax - Bioterror als Phantasma

Es gibt Bücher, die sind für den geneigten Rezensenten eine wahre Freude. Sie sind gut geschrieben, verfolgen einen interessanten Gedanken und erfüllen damit - idealerweise - auch noch einen Wunsch, entsprechend dem Gedanken: „Eigentlich müsste mal jemand über dieses oder jenes Thema ein kleines Büchlein schreiben.“ Das Buch "Anthrax" von Philipp Sarasin gehört zu ebendiesen. Der Professor für Neuere Geschichte an der Universität in Zürich beschreibt das Phänomen Bioterror nach dem 11. September 2001 unter besonderer Berücksichtung der Rolle der vorzugsweise konservativen Meinungsträger in der US-amerikanischen Politik und der US-amerikanischen - aber auch anderen – Medien. Der Autor sucht nach der Verbindung zwischen zwei Passagierflugzeugen, die in Hochhäuser rasen und mit Anthrax-Sporen oder anderem - ungefährlichen - weissem Pulver versetzten Briefen. Internationaler Terrorismus, Innere und Äußere Sicherheit, Massenvernichtungswaffen, mobile Biowaffenlabore, die im Wüstensand den Kontrolleuren davoneilen, Terrornetzwerke aus schlafenden Muslimen und Post-Angestellte mit Mundschutz und Handschuhen. Begriffe und Bilder, die im Kopf herumschwirren - Sarasin zeigt, wer die roten Teppiche ausrollt, um unseren Assoziationen verlockende Richtungen zu empfehlen. Er beschreibt die Situationen in denen "... sich Anthrax-Sporen direkt, schnell, zwingend und global in Anthrax verwandeln", das "im Herbst 2001 trotz der fünf Todesfälle vor allem war, was Douglas Rushkoff einen media virus nennt." Sehr erquicklich - sehr lesenswert!

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
164
vom Juni 2004
Seite 52 - 53

Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.

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