Rezension: Geraubte Ernte

Biodiversität - husch husch

Sie kann es nicht lassen. Vandana Shivas neuestes Buch in deutscher Übersetzung setzt fort, wofür die Speerspitze des Ökofeminismus seit Jahrzehnten geliebt wird. Sie trifft mit "Geraubte Ernte - Biodiversität und Ernährungspolitik" vermutlich das zentrale Thema der Auseinandersetzung um die Kommerzialisierung der weltweiten Nahrungsproduktion und Landwirtschaft, die mit Monopolisierung, ökologischen und kulturellen Katastrophen einhergeht. Sie argumentiert nah an der Wirklichkeit kleiner Leute, mit Traditionen und gesundem Menschenverstand. So jagt sie durch die globalisierte Welt, und lässt dabei keinen Stein auf dem anderen. Doch nicht selten kommt selbst der geneigte Leser, die geneigte Leserin, ihren Rundumschlägen nicht hinterher. Springt sie in einem halben Absatz nur vom indischen Mattu-Pongal-Fest über die Programme zur Förderung des Fleischexports, die die Biodiversität unter den Rindersorten gefährden, mag es möglich sein, zu folgen. Doch wenn es dann gleich weitergeht mit der Produktion pharmazeutisch wirksamer Stoffe in der Milch gentechnisch veränderter Tiere, begleitet von einem kurzen Anflug einer ethischen Debatte über die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier, ohne Punkt und Komma - husch husch, keine Pause, kaum Zeit Luft zu holen: Nun denn, was soll ich sagen: ich für meinen Teil steige aus! Denn ich möchte am Ende eines Buches mehr haben, als irgendwie ein Gefühl, dass die Welt bei Vandana Shiva gut aufgehoben wäre. Manche mögen das...

Erschienen in
GID-Ausgabe
167
vom Dezember 2004
Seite 54

Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.

zur Artikelübersicht