Rezension: Kulturelle Aspekte der Biomedizin

Wie wird die moderne Biotechnologie in verschiedenen Religions- und Kulturkreisen und aus Sicht unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen bewertet?

Mit dieser Frage beschäftigen sich die AutorInnen von „Kulturelle Aspekte der Biomedizin – Bioethik, Religionen und Alltagsperspektiven“. Sie gehen dabei sehr gründlich vor: Im ersten Teil des Buches wird jedes Teilgebiet der Biomedizin, von Präimplantationsdiagnostik über Gentherapie bis hin zur ethischen Urteilsbildung aus Sicht der christlichen, islamischen, jüdischen sowie buddhistischen Religion beleuchtet. Im zweiten Teil geht es um die mittlerweile beinahe permanente Präsenz der Biomedizin in unserem Alltag. Neben abstrakten Begriffen wie dem individuellen Verständnis von Identität, Leben und Tod in Bezug auf die vielfältigen Möglichkeiten der Biotechnologien behandelt das Buch die Position Behinderter, die ihr Lebensrecht durch Gen- und Fortpflanzungstechnologie eingeschränkt sehen. Abschließend wird dem Leser ein Ausblick auf die öffentliche Bioethik-Debatte geboten: Welche Rolle spielen die Medien? Welches Gewicht wird den Risiken der Biotechnologien beigemessen? Und wie kann sich ein globaler Diskurs in Anbetracht kultureller Vielfältigkeit und unterschiedlichsten Ethik- und Moralvorstellungen gestalten? Obwohl auf hohem wissenschaftlichen Niveau geschrieben, ist „Kulturelle Aspekte der Biomedizin“ auch für Laien gut verständlich und lesenswert; ein Glossar erklärt die biomedizinischen Fachbegriffe. Über das detaillierte Aufzeigen von Sichtweisen auf die Biomedizin hinaus bietet das Buch beinahe beiläufig einen grundsätzlichen und aufschlussreichen Überblick über Menschen- und Gottesbilder der Weltreligionen sowie deren Verankerung und Auswirkung innerhalb verschiedener Gesellschaften.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
164
vom Juni 2004
Seite 52

Nele Jensch absolviert seit August 2003 ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Gen-ethischen Netzwerk.

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