Kleiner Parasit - große Wirkung
Bienenvölker, die gleichzeitig mit dem Parasiten Nosema befallen waren und den Pollen des gentechnisch veränderten Mais MON810 zu fressen bekamen, brachen in einer Untersuchung deutlich früher zusammen als solche, die mit konventionellem Maispollen gefüttert worden waren.
Sie haben die Wirkung von gentechnisch verändertem Bt-Mais und dem Bt-Toxin1 auf Honigbienen erforscht. Was genau haben Sie untersucht?
Wir waren in der Vergangenheit bereits der Frage nachgegangen, ob der Pollen von gentechnisch veränderten Raps- und Maispflanzen mit einer Herbizidresistenz Bienen schadet. Nun wollten wir solche Untersuchungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchführen, die das Bt-Toxin produzieren. Dafür mussten wir unsere Methoden erweitern, da es sich bei dem Bt-Toxin - im Gegensatz zu den Proteinen, die die Herbizidresistenz vermitteln - um ein Gift handelt. Wir haben uns die Methoden zur Untersuchung der Wirkungen von Pflanzenschutzmitteln angesehen und diese an bestimmten Stellen verändert. Zum Beispiel haben wir mit einer höheren Zahl von untersuchten Völkern gearbeitet, um auch kleinere Veränderungen statistisch sichtbar machen zu können. Außerdem haben wir den Pollen über einen verhältnismäßig langen Zeitraum - etwa sechs Wochen - verfüttert und die Konzentration des Bt-Giftes in dem angebotenen Futter künstlich auf das zehnfache im Vergleich zum natürlichen Bt-Toxin-Gehalt in den Pollen erhöht. Dies wird möglich durch den Zusatz von mikrobiell hergestelltem Gift.2Um nicht zu viele Faktoren berücksichtigen zu müssen, haben wir die Bienen in Zelten gehalten. Ich muss sagen, wir waren davon ausgegangen, dass wir keine Effekte finden. Die Theorie sagt, Bt-Gift wirkt sehr selektiv und Bienen werden nicht geschädigt. Außerdem wird das aus Bakterien gewonnene Bt-Toxin in gespritzter Anwendung seit vielen Jahren als Pflanzenschutzmittel eingesetzt und es hat bisher keine Probleme mit Bienen gegeben.
Was war während Ihrer Untersuchungen zu beobachten?
Im ersten Jahr des Freilandversuches brachen uns in dem für sechs Wochen angelegten Versuch die Bienenvölker, die mit dem Bt-Mais-Pollen gefüttert worden waren, nach drei Wochen zusammen - und zwar ganz deutlich. In den Zelten mit Bt gab es überall die gleichen Effekte. Das hat mich natürlich sehr irritiert, weil ich es nicht erwartet habe: Alle vorhergehenden Ergebnisse anderer Forscher, die natürlich nicht direkt übertragbar sind, sprachen dafür, dass das Bt-Toxin keinen Effekt auf die Bienen hat. Dann muss man natürlich überlegen, woran das liegt. Es gibt zum Beispiel mögliche Ursachen, die in unseren Methoden zu suchen sind: Wir haben eine zehnfach höhere Dosis Bt-Toxin eingesetzt, als in der „Natur” vorkommt, beziehungsweise was als Bt-Gehalt im Pollen der gentechnisch veränderten Pflanzen beschrieben ist. Da wir keine Wirkung erwartet hatten, dachten wir: „Nehmen wir das Zehnfache, dann sind wir auf der sicheren Seite. Wenn wir die zehnfache Dosis einsetzen, und wir finden nichts, dann kann man eigentlich halbwegs beruhigt sein bei den niedrigeren Dosen in den Pflanzen.”
Sie hatten ja vorher schon Verfütterungsstudien mit Bt-Maispollen im Labor gemacht, und da gab es keine Probleme.
Wenn Pflanzenschutzmittel getestet werden, dann werden solche Tests über zwei Tage gemacht. Auch bei diesen früheren Studien wollten wir einen Schritt weiter gehen und haben uns dafür entschieden, zumindest auf vier Tage zu erweitern. Dabei konnten wir selbst bei der 100-fachen Dosis keine negativen Effekte feststellen. Allerdings sind selbst vier Tage bezogen auf ein mehrwöchiges Bienenleben ein kurzer Prüfzeitraum.
Bei der Analyse der toten Bienen haben Sie dann weitere Hinweise gefunden.
Wir haben uns natürlich gefragt: „Was passiert mit den Bienen?” Überall liegen die toten Bienen herum. Wir haben natürlich versucht, die verantwortlichen Einflussfaktoren ausfindig zu machen. Ein möglicher Faktor war eine relativ hohe Nosema-Belastung3in den Bienenvökern. Die haben wir damals im Herbst nicht so stark erwartet. Grundsätzlich wussten wir schon, dass Nosema unter Stress-Bedingungen verstärkt in Bienenvölkern auftreten kann.
Wenn der verstärkte Nosema-Befall mit dem Stress zusammenhängt, dann hätte der ja auch bei den Völkern ohne Bt in Erscheinung treten müssen.
Ja, so war es auch: Wir haben die Kontrollvölker ohne Bt untersucht und konnten zwischen den Völkern diesbezüglich keine Unterschiede feststellen. Aber es war ganz deutlich zu sehen, dass zunächst nur die Bt-Gruppe der Bienenvölker zusammenbricht und die Kontrollgruppe erst später. Was ich immer wieder sage, ist, dass wir so aber keinen Beweis haben. Es ist zunächst einmal nichts weiter als eine Korrelation, es können Zufälle sein.
Aber es hat eine statistische Signifikanz?
Ja. Das ist völlig unbestritten, nur, dass wir die Ursache bis jetzt nicht klären können. In der Literatur werden bei anderen Organismen Wechselwirkungen zwischen den Mikroorganismen im Darm und den Zielzellen für das Gift beschrieben. Bei Schmetterlingen hat man so etwas beobachtet.4Dort führt ein Nosema-Parasit in Verbindung mit Bt-Toxin zu einer erhöhten Sterblichkeit. In diese Richtung weiterzudenken, ist also nicht völlig abwegig. Um den Effekt von Nosema vom Bt-Effekt trennen zu können haben wir in der zweiten Testserie Bienenvölker mit Bt-Maispollen gefüttert, die zuvor mit einem Antibiotikum gegen Nosema behandelt wurden. In einer dritten Serie haben wir Bienenvölker eingesetzt, bei denen wir vor Versuchsbeginn keine Nosema nachweisen konnten und die dann mit Bt-Maispollen gefüttert. In beiden Serien entwickelten sich die Völker in gleicher Weise wie die Kontrollen, es gab keinen Unterschied zwischen den Testgruppen.
Was bedeuten diese Ergebnisse für die Imkerei beziehungsweise für die aktuelle Situation? Angenommen, es gäbe wieder einen genehmigten MON810-Anbau in Deutschland - könnten wir solche Ergebnisse mit dem allseits zitierten Bienensterben zusammenbringen?
Nein, das können wir sicher nicht zusammenbringen. Das wird zwar oft gemacht, aber das ist absolut abwegig, solange wir keinen großflächigen Anbau von Bt-Pflanzen in Deutschland haben. Wir machen ein großes Bienenbeobachtungs-Projekt, das in diesem Jahr abgeschlossen wird. Die Ergebnisse zeigen, dass Bienenvölker aus anderen Gründen sterben. Um Bienenvölker umzubringen, brauchen wir kein Bt, das ist ganz klar. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die eine verhältnismäßig große Rolle spielen. Einer davon ist das Klima. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Varroa-Milbe als Primärparasit der ganz entscheidende Faktor ist. Man kann auch feststellen, dass sich viele Imker auf die veränderten Klimabedingungen nicht ausreichend eingestellt haben. Das Frühjahr wird sehr kurz und intensiv, die Blühphasen der Trachtpflanzen erfolgen früher und die Pollenversorgung im Spätsommer wird schlechter. Zusammen genommen führt das dazu, dass die Bienenvölker früher kleiner werden und die Vorbereitung auf den Winter, die vom Imker gemacht wird, früher beginnen muss, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Bei den Imkern, mit denen wir in dem Bienen-Projekt zusammengearbeitet haben, konnten durch bestimmte Unterstützungen und Tipps unsererseits große Verluste vermieden werden.
Ihre Beobachtungen legen nahe, dass weitere Kofaktoren berücksichtigt werden müssen. Werden diese in der Untersuchung und Bewertung von Pflanzenschutzmitteln und eben auch gentechnisch veränderten Pflanzen miteinbezogen?
Bei allen bisherigen Projekten haben wir nur geschaut, ob die untersuchten Organismen, in unserem Fall also die Bienenvölker, tot oder lebendig sind. In dem Bienen-Monitoring haben wir nun damit begonnen, den Blick zu öffnen. Das heißt, wir suchen nach Punkten, an denen es Wechselwirkungen geben könnte. Das wird bei der Untersuchung von Pflanzenschutzmitteln seit einigen Jahren zwar verstärkt ins Blickfeld genommen, auch wenn es in der Pflanzenschutzmittel-Prüfung bisher nicht enthalten ist. In dieser heißt es: Wir gucken immer nur einen Faktor an. Aber mittlerweile gehen wir davon aus, dass wir - wenn wir wirklich sicher gehen wollen - andere Faktoren, die die Situation der Bienenvölker betreffen, mitberücksichtigen müssen. Könnte es zum Beispiel sein, dass weitere giftige oder anders schädliche Stoffe deren Entwicklung verzögern? Was wir beim Bt gefunden haben, nämlich dass die Völker so schnell, heftig und vollständig einbrechen, ist schon extrem. Aber zwischen tot und lebendig gibt es ja noch eine Menge Platz für andere Wirkungen.
Sind Kofaktoren in der Vergangenheit bei dieser Art Untersuchung miteinbezogen worden?
Nein, die Wirkung von Kofaktoren ist nicht wirklich mitberücksichtigt worden. Man muss dazu sagen: Es ist ein Riesenaufwand, diese Untersuchungen zu machen. Bei der Überprüfung der Pflanzenschutzmittel wird nur der Faktor Wirkstoff betrachtet. Aber es ist ganz klar, dass wir an diesem Punkt vorsichtig sein und in Zukunft genauer hinschauen müssen. Daraus ergeben sich natürlich andere Fragen: Ist das Prüfschema, das wir haben, wirklich ausreichend um Kofaktoren miteinzubeziehen? Wenn wir Hinweise finden, dass es wirklich irgendwelche Wechselwirkungen gibt, dann müssen wir vielleicht das ganze Prüfschema nochmal ändern. Aber an der Erforschung der Wirkung der Kofaktoren müssen wir erst einmal arbeiten. Es ist eine relativ neue Blickrichtung. Im Augenblick heißt es, alles was nicht zu wirtschaftlichen Schäden führt, ist akzeptabel. Da fragt man sich natürlich, was ist ein wirtschaftlicher Schaden? Totalausfall? Oder ist ein Verlust von 20 Prozent auch ein wirtschaftlicher Schaden? Kann ich einen solchen Schaden überhaupt feststellen? Es gibt Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren, das ist klar. Aber wie ist das, wenn ich 25 Kilogramm Honig aus einem Volk ernte, obwohl ich vielleicht 40 haben könnte? Das gilt nicht nur für die Ernte des Honigs. Auch die Ernte der Landwirte hängt ja von den Bienen ab. Herr Radtke vom Bieneninstitut in Hohen Neuendorf5hat vor kurzem neue Zahlen veröffentlicht. Diese zeigen, dass die Leistung der Bienen größer ist, als bisher in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben. Zum Beispiel war der Mehrertrag durch die Bestäubungsleistung der Bienen - beim Raps bisher- mit etwa 15 Prozent angegeben. Radtke hat jetzt herausgefunden, dass dieser bei etwa 30 Prozent liegt. Das ist ja für den Landwirt nicht unerheblich.
Sie haben bereits in der Vergangenheit an Bienen geforscht. Können Sie dazu bitte noch ein paar Worte sagen?
Wir hatten bereits vor dem Projekt mit den Bt-Pflanzen Untersuchungen zu den möglichen gesundheitlichen Schäden bei Bienen durch gentechnisch veränderte Herbizid-resistente Raps- und Maispflanzen durchgeführt. Dabei haben wir aber nichts Negatives gefunden. Neben diesen Arbeiten haben wir außerdem auch untersucht, ob es sein könnte, dass Gene, die aus Pollen der Pflanzen kommen, auf die Bienen übertragen werden. Das nennt man horizontalen Gentransfer.6In einem ersten Schritt haben wir geschaut, ob Gene aus den Pflanzen auf die Mikroorganismen im Darm der Bienen übertragen werden können. Später wollten wir dann sehen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Bienen selber Gene aufnehmen. Man muss dazu wissen, dass die Aufnahme von fremden Genen einer der wesentlichen Mechanismen ist, wie die Evolution voranschreitet. Das geschieht bei ganz vielen Organismengruppen. Es war mehr ein wissenschaftliches Grundlagenproblem als eine anwendungsorientierte Fragestellung. Wir haben die Mikroorganismen mit dem Pollen kultiviert und das Ergebnis war, dass die Mikroorganismen in der Tat das pat-Gen7aufgenommen haben. Innerhalb der Gentechnik-Debatte hieß es ja immer, es könne nie passieren, dass die neu eingefügten Gene via horizontalem Gentransfer übertragen werden. Wir haben das Ergebnis dann bei Nature8eingereicht und bekamen zwei Gutachten.9Das eine war ganz positiv. Der Gutachter meinte, wir könnten das sofort publizieren. Der zweite meinte, wir sollten noch eine zusätzliche Analyse, einen so genannten Southern Blot10, liefern, der unsere Ergebnisse nochmals belegt. Dann würde auch er die Publikation akzeptieren. Wir haben gesagt, „Das machen wir”. Wir haben den Southern Blot gemacht und haben den Artikel dann neu eingereicht in der Annahme, dass damit einer Publikation nichts mehr im Wege steht. Wir haben im Anschluss lange nichts von der Nature-Redaktion gehört und in der Zwischenzeit kam ein ZDF-Team bei uns vorbei, um uns zu diesen Forschungen zu befragen. Denen hatten wir allerdings gesagt, das dürfe nicht gesendet werden, bevor die Absprache mit Nature klar und der Artikel erschienen ist. Dann kam trotzdem die Fernsehsendung. Es lief sogar in den Nachrichten - und zwar bevor wir von der Nature-Redaktion das endgültige Votum bekommen hatten. Wir haben dann nochmals stark interveniert, woraufhin der ZDF-Redakteur sagte: „Moment, wissen Sie das nicht? Ihr Artikel bei Nature ist abgelehnt.” Davon hatten wir aber bis zu dem Zeitpunkt nichts gehört. Und als wir den Redakteur fragten, woher er das wisse, antwortete er, ja, er habe mit Monsanto-Leuten gesprochen, und die hätten ihm das gesagt. Das hat mich dann natürlich schon irritiert. Gut, dass die das irgendwann erfahren, aber dass Monsanto das vorher weiß, bevor wir als Autoren davon hören, das finde ich dann schon sehr heftig!
Starkes Stück!
Wissen Sie: Wenn ein Gutachter, der vielleicht Kontakte zu Monsanto hat, etwas sagt, ... gut. Aber dass vielleicht die Redaktion - denn nur die hat ja beide Gutachten haben können - dass die Redaktion das weitergibt, das fand ich dann schon irritierend. So eine renommierte Zeitschrift. Die hat das doch eigentlich ... naja, vielleicht hat sie es doch nötig. Eigentlich sollte so ein Review-Prozess doch erst einmal ... [stockt]
... diskret?
... sehr diskret sein.
Sie kannten die Namen der beiden Gutachter auch wahrscheinlich nicht, oder?
Nein.
Wissen denn die Gutachter Ihren Namen?
Ja, die Gutachter bekommen das ganze Paper und dann wissen die natürlich auch die Namen der Autoren. Das ist nicht anonymisiert. Es sei denn, man besteht darauf. Manchmal geht das. Bei heiklen Fällen. Unsere Daten habe ich aber nicht als so heikel angesehen. Wir haben das Experiment dann noch einmal wiederholt. Und wir haben den horizontalen Gentransfer mit einer Reihe weiterer Mikroorganismen-Arten nachweisen können.
Gerade in letzter Zeit liest man das ja auch häufiger.
Das ist auch das, was ich an Rückmeldungen bekomme: Auf der einen Seite haben wir uns mit ziemlich heftigen Anfeindungen konfrontiert gesehen - zum Beispiel von Leuten aus der Industrie. Da hat einer angerufen, der sagte: „Wie fühlen Sie sich, Sie haben gerade zwei Milliarden Mark platt gemacht.” Und dann rufen die Mikrobiologen11an und sagen „Hey, ja und? Das ist doch gar nichts Besonderes, das machen die [die Mikroorganismen - die Red.] dauernd.” In der Tat gibt es viele Organismen, die Gene aufnehmen. Biologisch ist das nicht so überraschend. Es gewinnt erst vor dem Hintergrund an Brisanz, dass immer gesagt wurde, das könne nicht passieren; und dann natürlich, wenn man sich anschaut, welche Gene übertragen werden. Das wirft gegebenenfalls neue Fragen bei der Bewertung der gentechnisch veränderten Organismen auf. Das könnte ökologisch gesehen an Bedeutung gewinnen.
Aber diese Ergebnisse sind dann später an anderer Stelle publiziert worden?
Nein, bisher nicht. Weil das keiner hören will, kriegt man das nicht leicht adäquat unter. Und außerdem habe ich gedacht, ich will das jetzt nicht in der Bäckerblume publizieren. Ich fände es auch nicht in Ordnung, wenn das jetzt zum Beispiel im grauen Bereich erscheinen würde.12 Aber die Doktoranden, die das damals gemacht haben, die wollten das doch auch publiziert sehen? Eine Doktorandin hat das Feld gewechselt. Da ist man am Anfang seiner Karriere noch mit so einem ‚Urvertrauen’ in den ganzen Wissenschaftsbetrieb ausgestattet, weil doch eigentlich alles relativ ehrbar zugeht und dann plötzlich stellt man fest: Das ist - weiß Gott - nicht immer der Fall.
Wie geht es weiter? Sie hatten zum Beispiel Probleme, den Befall der Bienenvölker mit Nosema gezielt hinzubekommen.
Genau, das war damals nicht einfach - mittlerweile können wir das aber. Ein Problem war die Massenkultivierung dieses Bienenparasiten. Das haben wir mittlerweile hingekriegt: Wir müssen die Kultivierung von Nosema in den Bienen machen. Wir brauchen riesige Mengen an Parasiten, weil wir ganze Bienenvölker infizieren wollen und nicht nur einzelne Bienen. Wir wollen ja möglichst auf dieser natürlichen Ebene arbeiten. Die Idee ist im Grunde genommen, diesen möglichen Zusammenhang, den wir jetzt nur hypothetisch haben, auch wirklich experimentell zu bestätigen. Und dann wollen wir auf verschiedensten Ebenen, auf der organismischen, aber auch auf der molekularen Ebene sehen, was passiert. Die Förderung dieser Untersuchungen ist noch nicht in trockenen Tüchern; doch wir haben mit eigenen Mitteln bestimmte Arbeiten bereits begonnen. Wir wollen diese Arbeiten, wie schon das Projekt der Bienenbeobachtung, gemeinsam mit Bieneninstituten durchführen.
Herr Kaatz, wir wünschen Ihnen alles Gute und bedanken uns für das Gespräch.
Das Interview führte Christof Potthof.
- 1Bt-Mais produziert ein Gift (Bt-Toxin), das ursprünglich aus bodenlebenden Bacillus thuringiensis Bakterien stammt. Siehe dazu auch den Kasten „Bt - Bacillus thuringiensis” Seite 20 in diesem Schwerpunkt.
- 2In dem hier besprochenen Versuch wurde das zusätzliche Bt-Toxin mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt, denen das Gen für genau das Bt-Toxin eingesetzt wurde, das auch in den gentechnisch veränderten Bt-Maispflanzen MON810 produziert wird.
- 3Nosema apis ist ein Parasit, der bei den Bienen eine Art von Durchfall-erkrankung auslöst. Er gehört zur Gruppe der so genannten Mikrospridien und wird oft zu den Pilzen gezählt. (Wikipedia, Online-Enzyklopädie, abgerufen am 04.06.09).
- 4Broderick et al, 2006: „Midgut bacteria required for Bacillus thuringiensis insecticidal activity“ in PNAS Band 103, im Netz unter www.pnas.org.
- 5Bieneninstitut Hohen Neuendorf (Brandenburg). Siehe dazu auch Kas-ten „Bestäubungsleistung” auf Seite 23 in diesem Heft.
- 6Horizontaler Gentransfer wird die Weitergabe von Erbinformationen von einem Individuum zum anderen genannt, wobei diese nicht in einem Eltern-Nachkommen-Verhältnis stehen. Beim horizontalen Gentransfer, der vor allem bei Bakterien (und anderen Mikroorganismen) zu beobachten ist, können auch Artgrenzen überschritten werden. Er steht dem vertikalen Gentransfer gegenüber, der die Weitergabe der Erbinformation von einer Generation an die nächste beschreibt und in der Regel auf eine sexuelle Fortpflanzung folgt.
- 7Das pat-Gen vermittelt in gentechnisch veränderten Pflanzen eine Herbizidtoleranz gegen das Unkrautvernichtungsmittel mit dem Wirkstoff Glufosinat.
- 8Die Zeitschriften Nature (www.nature.com) und Science (www.sciencemag.org) sind das weltweite Spitzenduo der wissenschaftlichen Journale.
- 9Das Gutachter-/ peer-review-Verfahren wird als eine der wichtigsten Säulen in der wissenschaftlichen Publikationssystematik angesehen. KollegInnen der AutorInnen begutachten die Qualität eines Artikels vor dessen Veröffentlichung und geben Hinweise zu seiner Verbesserung. Die Veröffentlichung liegt aber im Ermessen der Redaktionen der Fachzeitschriften. Diese signalisieren vor der Begutachtung ein grundsätzliches Interesse am Thema des Artikels und geben diesen dann an die GutachterInnen weiter. Details des Verfahrens variieren zwischen den verschiedenen Zeitschriften.
- 10Southern Blot ist eine Untersuchungsmethode für Erbmaterial (DNA), die zur Identifizierung eines bestimmten Gens aus der Gesamt-DNA entwickelt wurde. Siehe im Netz zum Beispiel.wwwuni-koblenz. de/~odsgroe/dnasblot.htm.
- 11Biologen, die sich vor allem mit Mikroorganismen (Hefen, Bakterien, Viren et cetera) beschäftigen.
- 12Die „Bäckerblume“ ist in verschiedenen Labors ein stehendes Synonym für ein wissenschaftlich nicht anerkanntes Publikationsorgan. Zum grauen Bereich des wissenschaftlichen Publikationswesens zählen zum Beispiel Konferenzdokumentationen. Sie unterliegen in der Regel keinem oder einem nur wenig strikten Begutachtungsverfahren.
Hans-Hinrich Kaatz