Kurz notiert: Mensch und Medizin
Ausweitung der Präimplantationsdiagnostik I
In Großbritannien sollen im Reagenzglas gezeugte Embryonen vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf eine genetische Veranlagung für Brustkrebs getestet werden. Die zuständige Human Fertility and Embryology Authority (HFEA) hatte bereits die Entwicklung eines solchen Tests für den Einsatz in der Prtäimplantationsdiagnostik erlaubt. Seine jetzt bei derselben Behörde beantragte Zulassung gilt daher als sicher. Dabei wirft ein solches Screening viele Fragen auf: Bisher beschränkte sich die Präimplantationsdiagnostik auf Veranlagungen, die mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch lebensbedrohlicher Erkrankungen führen. Das ist bei den mit dem neuen Test anvisierten Genen BRCA-1 und BRCA-2 aber nicht der Fall. Zwar sind die beiden so genannten Brustkrebs-Gene bei Mitgliedern von Familien, in denen die Erkrankung häufig auftritt, oft mutiert, aber nicht immer. Zudem liegt die Wahrscheinlichkeit, mit einem mutierten Gen im Laufe des Lebens auch zu erkranken, nach derzeitigem Kenntnisstand zwischen 20 und 65 Prozent. (www.ärzteblatt.de, 30.04.07) (uw)
Ausweitung der Präimplantationsdiagnostik II
Bereits genehmigt hat die HFEA den Einsatz eines Gentests in der Präimplantationsdiagnostik, der auf die Vermeidung einer keinesfalls lebensbedrohlichen Beeinträchtigung abzielt. Gefahndet wird hier nach genetischen Veränderungen, die mit einer angeborenen Schwäche der Augenmuskeln in Zusammenhang gebracht werden. Die sehr seltene Beeinträchtigung führt zu starkem Schielen. Mithilfe des Tests können Embryonen ausgesondert werden, bei denen die Veränderungen nachgewiesen werden. Das Londoner reproduktionsmedizinische Zentrum, dem die HFEA den Test genehmigte, will einem Mann zu einem Kind ohne die Beeinträchtigung verhelfen, dessen Augenmuskulatur auch nach sechs Operationen nicht wesentlich besser funktionierte und in dessen Familie die Muskelschwäche seit Generationen auftritt. (BBC News, 08.05.07) (uw)
Gentherapie bei Herzinsuffizienz?
"Wissenschaftler in Heidelberg schleusen intaktes Ersatz-Gen in Herzmuskelzellen", meldete am 15.Mai die Ärzte Zeitung. Das mit veränderten Adeno-Viren eingebrachte Gen liefere die "Bauanleitung für ein Schlüssel-Protein", das "die Pumpleistung des Herzens deutlich verbessert". Das Ergebnis des Experiments wird als großer Schritt für die Entwicklung von entsprechenden Therapien beim Menschen dargestellt. Nur durch weitere Recherche erfährt man: die beschriebenen Tierversuche am Universitätsklinikum Heidelberg werden bereits seit mehreren Jahren durchgeführt. Neu ist lediglich, dass es gelang, durch die Entwicklung einer neuen Genfähre den Einbau des Gens am Zielort besser zu steuern und die Wirkungsdauer der Behandlung zu verlängern. Bisher hatte das Immunsystem der Versuchstiere die eingeschleusten Trägerviren bereits nach zwei Wochen zerstört. Ob die beobachtete Verbesserung des Zustands der Versuchstiere allerdings auch langfristig bestehen wird, ist nach wie vor ungewiss. Von Bedeutung ist auch, dass es bereits eine medikamentöse Therapie gegen die behandelte Form der Herzinsuffizienz gibt. Im Vergleich dazu erweist sich die Gentherapie weltweit immer wieder als eine risikoreiche, wenig erfolgreiche Strategie und kommt selten über das tierexperimentelle Stadium hinaus. Versuche an Menschen mussten wiederholt abgebrochen werden, weil die Patienten schweren Schaden erlitten oder starben. Das Problem ist dabei dem Konzept der Gentherapie inhärent: Es gilt als praktisch unmöglich, die exakte Platzierung eines Gens beziehungsweise seines Genträgers zu garantieren. (Ärzte Zeitung Online, 15.05.07; www.klinikum.uni-heidelberg.de ) (mf)
Gentherapie gegen Erblindung?
In London ist Anfang Mai eine umstrittene Gentherapie an Kindern und Jugendlichen gestartet worden. Ihr Ziel ist die Behandlung der angeborenen Augenkrankheit Amaurosis congenita Leber, die zu einer fortschreitenden Degeneration der Netzhaut und zur vollständigen Erblindung im Jugendalter führt. In Großbritannien ist einer von 80.000 Menschen von dieser Krankheit betroffen. Bei der Probandengruppe handelt es sich um zwölf junge Erwachsene und Kinder, bei denen sich die Krankheit noch im Anfangsstadium befindet. Bei der Operation werden in die Retina der Patienten Kopien des Gens RPE65 mithilfe von modifizierten Viren eingebracht. Eine schadhafte Ausführung dieses Gens wird für die Entstehung der Krankheit verantwortlich gemacht. Die Wissenschaftler hoffen, dass die "Ersatzgene" der Netzhaut wieder ermöglichen, auf Lichtreize zu reagieren und dadurch die Sehfähigkeit erhöhen. Das Experiment wird am Insititute of Ophthalmology des University Colleges in London in Kooperation mit dem Moorfields Eye Hospital durchgeführt. Bisher wurde das Verfahren in Tierversuchen, unter anderem an Hunden durchgeführt. Über das Alter und Geschlecht der Probandinnen ist nichts bekannt. Dabei ist gerade der Umstand, dass minderjährige Probandinnen rekrutiert wurden, aus ethsicher Sicht besonders brisant. Finanziert wird das Experiment unter anderem vom britischen Gesundheitsministerium sowie diversen privaten Stiftungen. (www.ucl.ac.uk, 01.05.07; The Guardian online, 02.05.07) (mf)
Schweden: Designer-Baby
Laut Berichten des Nachrichtenmagazins Spiegel haben schwedische Behörden erstmals die Embryonen-Auswahl zwecks Gewebespende genehmigt. Auf diese Weise sollen Nabelschnurblut-Stammzellen für einen vierjährigen Jungen mit einer seltenen Stoffwechselkrankheit gewonnen werden. Von der unheilbaren Erkrankung, die durch die Anlagerung von Fett im Gehirn zu neurologischen Störungen wie Blindheit und Taubheit und schließlich zum Tod führt, ist bereits der ältere Bruder des Jungen betroffen. Ein genetisch passendes Geschwisterkind soll nach dem Willen der Eltern nun als Gewebespender dienen. Unklar bleibt in den Presseberichten allerdings, um welche Krankheit es sich handelt und ob es diesbezüglich bereits Erfahrungen mit der Behandlung mit allogenen Stammzellen gibt. Unklar ist auch, ob die Möglichkeit einer Suche in den weltweiten Spenderegistern ausgeschöpft wurde. (Spiegel online, 30.05.07) (mf)
Aidsmedikamente für Thailand und Brasilien
Nach Thailand hat nun auch Brasilien im Mai diesen Jahres unter vehementem Protest der USA und der Pharmaindustrie eine Zwangslizenz für die Herstellung oder den Import von Nachahmermedikamenten (Generika) zur Behandlung des HI-Virus erteilt. Dabei macht das Land von einem Recht Gebrauch, das im Trips-Abkommen der Welthandeltsorganisation (WTO) verankert und in der WTO-Pharmavereinbarung von 2003 modifiziert wurde. Betroffen ist das Produkt Efavirenz der Firma Merck. Es wird in Brasilien rund 65.000 der insgesamt 170.000 Aidskranken verabreicht, die eine kostenlose staatliche Behandlung erhalten. Pro Patient kostet das Medikament jährlich 580 US Dollar, ein Generikum nach Angaben der brasilianischen Regierung lediglich 165 US Dollar. Circa 30 Millionen Dollar im Jahr ließen sich sparen. Ähnliche Überlegungen hatten die thailändische Regierung bereits Ende letzten Jahres dazu bewogen, zwei Zwangslizenzen zu erteilen (der GID berichtete): Sie betreffen zwei HIV-Medikamente und ein Medikament zur Blutverdünnung. Die Herstellerfirmen reagierten auf die Entscheidung der brasilianischen und der thailändischen Regierungen mit Empörung. Ein Sprecher der Firma Merck sprach von einem "abschreckenden Signal an forschende Arzneimittelfirmen" und betonte, es könne nicht angehen, dass "die Kosten für lebenswichtige Medikamente alleine von den entwickelten Ländern getragen werden müssten." Die US-amerikanische Firma Abbott Park, Hersteller des patentierten Aids-Medikaments Lopinavir kündigte als Reaktion auf die Entscheidung der thailändischen Regierung an, Anträge für sieben neue Medikamente, darunter eine in Thailand dringend benötigte, hitzeresistente Verabreichungsform von lopinavir, zurückzuziehen. Ferner gab die US-Handelsvertretung bekannt, Thailand auf die so genannte Priority Watch List zu setzen. Mit dieser Liste will die US-Regierung vor Ländern warnen, welche die geistigen Eigentumsrechte nicht "angemessen" schützten. Ein solcher Eintrag kann beispielsweise den Abzug ausländischer Investitionen nach sich ziehen. Bisher hatten zwar vereinzelt schon Länder von dem Recht einer Zwangslizenz für Aidsmedikamente Gebrauch gemacht; davon waren allerdings bislang nur ältere Medikamente der ersten Generation betroffen. Die jüngsten Entscheidungen zielen erstmals auf die Folgegenerationen, also neuere Innovationen ab. (Science 316, 11.05.1007) (mf)
Großbritannien: Mensch-Tier-Hybride bald erlaubt?
Die britische Regierung hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Herstellung von Mensch-Tier-Embryonen für die Stammzellenforschung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Das Gesetz über menschliche Gewebe und Embryonen (Human Tissue and Embryos Bill) verbietet zwar weiterhin die Herstellung von so genannten "echten" Hybriden, die durch die Verschmelzung menschlicher und tierischer Keimzellen entstehen. Es wäre aber danach erlaubt, zu Forschungszwecken tierische DNA beziehungsweise Zellen in Embryonen oder menschliche DNA in tierische Eizellen einzubringen. Einzige Bedingung ist, dass die entstehenden "zytoplasmatischen Hybride" nur 14 Tage am Leben gelassen und nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet werden. Das Gesetz ist eine Reaktion auf die Ankündigung britischer Stammzellenforscher, wegen des hohen Bedarfs an Eizellen beim Klonen auf Hasen- oder Kuheizellen auszuweichen. Zwei entsprechende Forschungsanträge sind bereits bei der Regulierungsbehörde HFEA eingereicht, aber noch nicht bewilligt worden. Aus diesem Anlass hatte die HFEA auch eine Aktion gestartet, bei der die Einstellung der britischen Bevölkerung zu der Thematik erfragt werden soll. Im September soll dann über die Zulassung der Forschung an Hybriden entschieden werden. (Ärztezeitung, 07.05.07 und 16.05.07; www.hfea.gov.uk/hybrids; vgl. GID 181) (mf
Down-Syndrom-Kinder und ihre Eltern werden aktiv
In den USA haben Eltern von Kindern mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) auf eine neue Empfehlung des Kollegs der Geburtshelfer und Gynäkologen reagiert: Danach soll künftig allen Schwangeren, unabhängig von ihrem Alter, ein Frühscreening auf Trisomie 21 angeboten werden. Bisher war ein routinemäßiger Test auf die Chromosomenanomalie erst bei Frauen im 35. Lebensjahr üblich. Dabei hat sich gezeigt, dass sich im Falle eines positiven Testergebnisses neunzig Prozent der Betroffenen für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Eine wachsende Gruppe von Eltern will dem nun mit eigenen, positiven Erfahrungen entgegensteuern: Sie bieten genetischen Beratern, Geburtshelfern und werdenden Eltern Gespräche und Treffen mit ihren Kindern an und bitten darum, dass ihre Telefonnummern gemeinsam mit positiven Screening-Ergebnissen herausgegeben werden. Dahinter steht das Interesse, das gesellschaftliche Bild von Kindern mit Down-Syndrom zu verändern, aber auch die Sorge, dass institutionelle Hilfen und finanzielle Unterstützung für eine schwindende Gruppe von Betroffenen verringert werden. Die meisten der kontaktierten Ärzte und Gynäkologen reagierten allerdings mit großen Vorbehalten und wiesen darauf hin, sie müssten die Haltung von Eltern respektieren, die sich infolge eines Tests für den Schwangerschaftsabbruch entscheiden. (New York Times, 09.05.07) (mf)
Stammzellen gegen Krebs
Bestimmte adulte Stammzellen, die so genannten mesenchymalen Stammzellen aus dem Knochenmark, sind auffallend oft in entzündetem oder wucherndem Gewebe anzutreffen. Forscher an den Hallenser Universitätskliniken haben nun herausgefunden, dass diese Zellen außerdem Gifte, die in der Chemotherapie verwendet werden, noch in hohen Konzentrationen gut vertragen werden: Das erwartete Zellsterben bleibt aus. Bei der vergleichenden Blutanalyse von siebzehn PatientInnen, die eine Chemotherapie erhalten hatten und sechzehn weiteren Probanden konnte kein Unterschied in der Zahl oder den Eigenschaften der besagten Stammzellen festgestellt werden. In einem zweiten Schritt wurden Stammzellen von beiden Probandengruppen im Labor extrem hohen Zellgift-Dosen ausgesetzt. Normalerweise, so schreiben die Wissenschaftler um den Tumorbiologen Mülleru in der Zeitschrift Stem cells, dürfte kein lebender Organismus solche Dosen überstehen. Dagegen blieb das mikroskopische Erscheinungsbild der Stammzellen unverändert und sie konnten sich zu Knochen- oder Fettzellen entwickeln. Krebsforscher denken nun darüber nach, mesenchymale Stammzellen als Fähre zu benutzen, um Zellgifte oder andere Erreger direkt an Tumore heranzubringen. In einem Experiment mit Mäusen an der Universitätsfrauenklinik Düsseldorf, beispielweise, wurden Stammzellen des Knochenmarks mir Viren beladen und in Brusttumore gespritzt. Im Vergleich zu unbehandelten Tieren überlebten solche, denen die Viren ins Blut gepritzt wurden, doppelt so lang (73 Tage), solche, denen sie direkt in die Tumorherde gebracht wurden, dreimal so lang (110 Tage) wie die unbehandelten Mäuse. (FAZ, 09.05.2007) (mf)
Gene für...Herzinfarkt-Risiko
Die Firma deCODE Genetics, die 1998 eine Lizenz zur kommerziellen Nutzung einer Gesundheitsdatenbank erhalten hat, welche nahezu die gesamte isländische Bevölkerung erfasst, meldet einen neuen Durchbruch: Zusammen mit kanadischen Forschern von der Ottawa University wollen die Wissenschaftler des an der Börse notierten Unternehmens eine neue Genvariante entdeckt haben, die das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht. Verglichen wurden die Genome von insgesamt 17.000 Menschen in Island und Kanada. Bei jenen, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, war demnach der Bereich p21 des neunten Chromosoms häufig verändert. Vor allem frühe Herzinfarkte vor dem fünfzigsten Lebensjahr seien mit einer Veränderung dieses Bereichs verbunden, schreiben die Forscher in der Online- Ausgabe von Science. Allerdings unterscheiden sich die Wissenschaftler in der Berechnung des damit zusammenhängenden Infarktrisikos erheblich: Die kanadischen Forscher geben das Risiko für einen Herzinfarkt bei den betroffenen 25 Prozent ihrer Probanden, bei denen beide Allele verändert waren, als 30 bis 40 Prozent erhöht an. Dagegen gehen die Wissenschaftler von DeCode bei ihren Versuchspersonen von einem 60 Prozent höheren Risiko aus, wenn beide Genkopien die betreffende Veränderung aufweisen. Die Firma kündigte an, nach weiteren genetischen Faktoren für Herzerkrankungen zu suchen und einen Gentest zu entwickeln, mit dem sich das Herzinfarktrisiko eines Menschen bestimmen lässt. Ziel solcher Erfolgsmeldungen ist in erster Linie Imagepflege: In den letzten Jahren geriet das Unternehmen, dessen Börsenkurs nach kurzem Höhenflug in den Keller sank, zunehmend unter Druck. Denn das Projekt kostet mehr und wirft weniger ab, als es den Risikokapitalgebern lieb ist. (Berliner Zeitung, 04.05.07; Science online, 27.04.07; Science, 04.05.07) (mf)
Fragwürdige "Stammzellpille"
Eine kalifornische Firma bietet neuerdings ein Nahrungsergänzungsmittel an, dass die Zahl der frei zirkulierenden Stammzellen im Körper steigern soll. Der so genannte "stem cell enhancer" wird aus Algenextrakt hergestellt und soll Krankheiten lindern und das Wohlbefinden steigern. "Was haben ihre Stammzellen in letzter Zeit für Sie getan", heißt es in einem Werbeflyer, der in Briefkästen und an Haus-türen verteilt wird. Auf der Webseite der Firma STEMTech HealthSciences können Berichte von zufriedenen Kunden gelesen werden. Stammzellforscher hingegen bezweifeln nicht nur die Wirksamkeit des Medikaments. Sie warnen auch vor unerwünschten Folgen. Erstens sind die genaue Zusammensetzung des Produkts und sein Wirkmechanismus unbekannt. Zweitens ist es nicht immer von Vorteil, die Zahl der aus dem Knochenmark frei gesetzten Stammzellen im Blut zu erhöhen: Auch in der Krebstherapie werden gezielt Medikamente eingesetzt, welche die Zahl bestimmter Stammzellen nach einer Chemotherapie erhöhen sollen. Durch ein Medikament, das generell die Bildung aller Stammzellen beschleunigt, so befürchten Experten, könnten aber "schlafende" Tumore, von denen die Betroffenen nichts wissen, zum Wachstum angeregt werden. (www.stemtechbiz.com; theScientist, 15.05.07) (mf)
Forschungsprogramm Seltene Erkrankungen
In einer neuen Förderinitiative soll künftig die Forschung und der Austausch über seltene Erkrankungen in sechs europäischen Ländern gebündelt werden. Das Projekt mit dem Namen E-RARE wurde von Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Schirmherrin Eva Luise Köhler in Berlin vorgestellt. Es soll in den nächsten drei Jahren mit 12,8 Millionen Euro gefördert werden und die laufende nationale Förderung des Forschungsministeriums für Netzwerke seltener Erkrankungen ergänzen. Hierfür werden seit 2003 rund dreißig Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Generell besteht bei Krankheiten, von denen weniger als eine von 2.000 Personen betroffen sind, das Problem, dass die Patienten räumlich weit verteilt sind und nur schwer aussagekräftige Studien durchgeführt werden können. E-RARE soll daher die Erfahrungen und Beobachtungen von Patienten und Forschern aus Deutschland, Frankreich, Italien, Israel, Spanien und der Türkei zusammenführen und die vorhandenen Daten standardisieren. (BMBF Newsletter, 03.05.07) (mf)
Forschungsprogramm Altersbedingte Erkrankungen
Rund neunzig Millionen Euro will die Bundesregierung in den nächsten Jahren in die Erforschung altersbedingter Krankheiten investieren. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte am 15. Mai den Start von drei mehrjährigen Programmen zum "Austausch zwischen Grundlagenforschern und den Medizinern in der Klinik" an. Dabei sollen die Forschungsergebnisse "schneller den Patienten zugute kommen, sagte Schavan. (Ärztezeitung online, 15.05.07) (mf)
Kalifornien: Umstrittenes Institut darf Arbeit aufnehmen
Nach über zwei Jahren rechtlicher Streitigkeiten darf das kalifornische Institut für Regenerative Medizin (CIRM) nun mit der Verteilung von Fördermitteln an Stammzellforscher beginnen. Dies entschied der Oberste Gerichtshof Kaliforniens und bekräftigte damit das Urteil eines nachgeordneten Gerichts, welches zuvor die Verfassungsmäßigkeit der so genannten Proposition 71 bestätigt hatte. Bei der Proposition 71 handelt es sich um jene Gesetzesinitiative, die im November 2004 per Volksentscheid angenommen wurde und die Einrichtung des CIRM und dessen Finanzierung aus Steuermitteln in Höhe von drei Milliarden US-Dollar beschieden hatte. Einigen Bürgerinitiativen, darunter Organisationen der Steuerzahler, hatten dagegen Klage eingereicht und die Verfassungsmäßigkeit der Initiative angezweifelt. Kaliforniens Governeur Arnold Schwarzenegger, vehementer Befürworter der Stammzellforschung, hat dem Urteil des Gerichts allerdings bereits vorgegriffen und dem CIRM bereits 150 Millionen US Dollar aus dem kalifornischen Staatshaushalt zugeteilt. (TheScientist online, 17.05.07) (mf)
Fettleibigkeit: Medizin statt Bewegung
In den USA haben Forscher ein Medikament entwickelt, dass durch die Aktivierung eines bestimmten Gens im Körper die Fettverbrennung steigern soll. Die an Mäusen getestete Pille löst durch einen chemischen Prozess die Aktivierung des Gens PPAR-delta aus. Dadurch setze nach Angaben der Wissenschaftler um Ronald Evans vom Salk Institute in Kalifornien ein Energieumsatz ein, der mit der Fettverbrennung durch sportliche Aktivitäten zu vergleichen sei. Adipositas, also der Hang zu starkem Übergewicht, wird von Politikern und Wissenschaftlern immer wieder als eine der häufigsten "Zivilisationskrankheiten" und Ursache von Herz-Kreislauferkrankungen sowie Diabetes aufgeführt. Im herrschenden Diskurs geht es dabei in der Regel darum, durch Prävention von Dickleibigkeit volkswirtschaftliche Kosten einzusparen. Kein Wunder also, dass Pharmafirmen vor diesem Hintergrund verstärkt an lukrativen Medikamenten gegen Übergewicht forschen. In diese Richtung weist auch das Bestreben, genetische Ursachen für Dickleibigkeit zu identifizieren: So berichten Wissenschaftler aus Oxford von Mutationen am FTO-Gen, die das Risiko für Adipositas um dreißig Prozent, wenn zwei veränderte Allele vorliegen, um siebzig Prozent erhöhen sollen. Dies schlossen die Wissenschaftler aus der Untersuchung von 39.000 hellhäutigen Menschen in Großbritannien und in Finnland. Bei der Hälfte dieser Versuchspersonen soll eine Mutation auf einem der FTO-Gene vorgelegen haben, weitere sechzehn Prozent wiesen zwei veränderte Allele auf. Sie waren durchschnittlich drei Kilo schwerer als solche ohne Genveränderung. Als Allele bezeichnet man die beiden Varianten eines Gens, über die jeder Mensch verfügt. Ein Allel stammt von der Mutter, das andere vom Vater. (BBC News, 29.04.07; New Scientist, 21.04.07; Science, 11.05.07) (mf)
Gen für ... Erinnerung
Der Mensch soll eine einzigartige Variante eines Gens haben, welches für das Lernen und die Erinnerung entscheidend ist. Das GeN KLK8 soll für das Protein Neuropsin II kodieren. Eine einzige, nur beim Menschen auf diesem Gen vorliegende DNA-Mutation bewirkt, dass die das beim Menschen hergestellte Probei Menschenaffen in über vierzig Aminosäuren unterscheidet. Damit ist KLK8 das erste bekannte Gen, was zwar in unterschiedlichen Arten in nahezu gleicher Form vorliegt, aber auf sehr verschiedene Weisen exprimiert wird, heißt es im Fachmagazin New Scientist. Dies könne eventuell erklären, warum sich die Menschheit intellektuell und sprachlich so abrupt von der Entwicklung der Affen abgespalten hat. (New Scientist, 12.05.07)(mf)
Anti-Aging für die Gene
Fitnessübungen können nicht nur den Geist, sondern auch die Gene jung halten behaupten Forscher um Mark Tarnopolsky von der McMaster Universität im kanadischen Hamilton. Die Studie, bei der die Wissenschaftler die Aktivität der Erbanlagen in Mitochondrien bei älteren und jüngeren Menschen nach einer sechsmonatigen Trainingseinheit maßen, war der angesehenen US-amerikanischen Wissenschaftszeitschrift PLoS sogar einen online-Bericht wert. Danach sollen die siebzigjährigen am Ende der Projektphase wieder eine Genaktivität wie mit sechsundzwanzig erlangt haben. Also: Auf ins Fitness-Center und dann ins Labor! (Ärzte Zeitung, 23.05.07) (mf)
Gen gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
US-Forscher aus Iowa wollen das Risiko an Herz oder Kreislauf zu erkranken, auch bei fettreicher Ernährung senken: Genveränderte Mäuse, bei denen die Produktion des Enzyms ACAT2 blockiert wurde, bekamen in dem Experiment zwanzig Wochen lang verschiedene Diäten. Die Ernährungsvarianten unterschieden sich im Gehalt und in der Form der enthaltenen Fette. Dabei zeigte sich, dass einfach ungesättigte Fettsäuren und gesättigte Fettsäuren den Cholesterinspiegel der Tiere mit aktivem ACAT2-Gen erhöhten und zu Gefäßablagerungen führten. Weniger folgenreich war eine Ernährung mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Mäuse, denen die entsprechende Genvariante fehlte, zeigten hingegen keine derartigen Symptome, und zwar unabhängig von ihrer Ernährungsweise. (Ärzte Zeitung, 10.05.07)(mf)
EU: Zentrale Datenbank für Stammzellforschung
In einem zentralen Internet-Register sollen künftig Informationen über alle in der EU verfügbaren humanen embryonalen Stammzelllinien, ihre Eigenschaften und Projekte mit diesen Zellen abrufbar sein.. An dem Vorhaben, das aus den Töpfen des sechsten Forschungsrahmenprogramms der EU mit einer Million Euro gefördert wird, beteiligen sich zehn Länder, darunter Deutschland. Joeri Borstlap vom jüngst eröffneten Berlin-Brandenburger Zentrum für Regenerative Therapien (BCRT) soll die Datenbank gemeinsam mit seiner spanischen Kollegin Anna Veiga vom Zentrum für Regenerative Medizin in Barcelona führen. (Laborjournal 5. 2007) (mf)
Neuer biowissenschaftlicher Dachverband
Der Verband deutscher Biologen und biowissenschaftlicher Fachgesellschaften und der Verbund biowissenschaftlicher und biomedizinischer Gesellschaften wollen ab Ende 2007 in einem neuen Dachverband fusionieren. Der Verband soll die beiden Bereiche Bildung und Forschung umfassen. Ziel soll die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie die berufliche Weiterbildung sein. Die 31.000 Mitglieder sind außerdem in Landesverbänden organisiert.(Laborjournal 4.2007)(mf)
Gen für ... helle Haut
Einer neuen Studie zufolge hat sich die Genvariante für helle Haut erst vor rund 6.000-12.000 Jahren entwickelt, und damit sehr viel später als gedacht. Heather Norton von der Universität Arizona stellte durch Genomanalysen fest, dass die DNA-Abschnitte in der angrenzenden Region des relevanten Gens kaum Mutationen aufweisen. Dies wird als Anzeichen für eine erst "kürzlich" erfolgte genetische Veränderung gesehen. Unsere Vorfahren dürften also noch bis vor wenigen tausend Jahren eine dunklere Hautfarbe gehabt haben. Dies ist auch die These des US-amerikanischen Genetiker Cavalli-Sforza, dessen Theorie zufolge die Entwicklung der hellen Haut eine Anpassung an veränderte Ernährungsweisen infolge des Ackerbaus gewesen ist. (Science 316, 20.04.07)(mf)
GID-Redaktion