"Plants for the Future"

Forschungsgelder werden zunehmend in Brüssel verteilt. Dazu konstruiert die EU Technologieplattformen. Um alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen - sagt sie. Bei "Plants for the Future", der Plattform im Bereich Biotechnologie, Ernährung, Pflanzen sitzt die Kommission, Wissenschaft und Industrie in kleiner Runde zusammen. Deutsche Nichtregierungsorganisationen nehmen in einem offenen Brief an MDBs der Ausschüsse Umwelt, Verbraucher und Landwirtschaft sowie Forschung, EP`s, die Staatsekretäre BMELV, BMU, BMBF und den Nachhaltigkeitsrat Stellung.

Berlin, 22.2.2006

"Plants for the Future”?

Verbände fordern nachhaltige Forschungs- und Innovationspolitik
Das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU scheint eine neue Dynamik in die Gentechnikdebatte zu bringen. Die Europäische Kommission plant, die Forschung zu "Food, Feed and Agriculture" von 2007 bis 2013 mit etwa 2,5 Milliarden Euro zu fördern. Auf der Basis einer Mitteilung der EU-Kommission vom 16. Juni 2004 (COM 2004 - 353) werden die Technologieplattformen zum integralen Bestandteil des 7. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union. Die maßgebliche Plattform zur Landwirtschafts- und Biotechnologieforschung ist "Plants for the Future". Deren Vertreter kommen ausschließlich aus der Chemie- und Lebensmittelindustrie und Forschung. Kleine und mittelständische Unternehmen, Verbraucher-, Umwelt- und Naturschutzorganisationen, ökologische Landwirte und kritische Wissenschaftler bleiben außen vor. Dies wurde auch bei der Auftaktveranstaltung des deutschen Netzwerkes von "Plants for the Future" (am 24. Januar in Berlin) deutlich. Zum Aufbau einer europäischen, wissensbasierten "Bio-Economy" seien Biotechnologie und genomorientierte Pflanzenforschung der Königsweg zum Erfolg – das versprechen Vertreter von Wirtschaft und Forschung in der Plattform "Plants for the Future". Nicht nur die ökologische und landwirtschaftliche Nachhaltigkeit, der landwirtschaftliche Ertrag und die Sicherheit der Lebensmittelversorgung sollen verbessert und die Umweltbelastungen verringert werden, auch die Energiefrage soll auf diesem Wege gelöst werden - mit der Entwicklung von Biomaterialien, Bioenergie und nachwachsenden Rohstoffen. Dies sind große, aber leere Versprechungen, wie auch der neue Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Bundestag belegt (TAB-Arbeitsbericht Nr. 104 "Grüne Gentechnik - Transgene Pflanzen der 2. und 3. Generation"). Es werden wenig konkrete Produkte benannt, die mittelfristig auf den Markt kommen könnten. Die unterzeichnenden Verbände sind in verschiedener Weise in das Thema involviert. Wir kritisieren, dass wesentliche Fragen zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe, zur Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und zur Entwicklung des ländlichen Raum weder im politischen, noch im öffentlichen Diskurs erörtert worden sind oder öffentlich gemacht werden sollen. Wir beanstanden den vorwiegend (gen-)technologieorientierten Ansatz von Plattformen wie "Plants for the future", welche die Forschungspolitik der EU für die nächsten Jahre bestimmen sollen. Dagegen finden sich Fragestellungen, wie unter intelligenter Nutzung natürlicher Systeme ressourcenschonend und ohne riskante Eingriffe Problemlösungen gefunden werden, überhaupt nicht wieder. Wir fordern Sie auf: - Treten Sie dafür ein, dass die Mittelvergabe im 7. Forschungsrahmenprogramm für "Food, Feed and Agriculture" auf Eis gelegt wird. Zunächst muss sichergestellt werden, dass die Nichtregierungsorganisationen strukturell auf der europäischen Ebene mit in die Konzeption des 7. Forschungsrahmenprogrammes einbezogen werden, so wie es ursprünglich im Konzept von "Plants for the future" vorgesehen war. - Diskutieren Sie Fragen zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe, zur Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und zur Entwicklung des ländlichen Raums unter Einbeziehung aller zivilgesellschaftlichen Akteure. - Prüfen Sie unter Einbeziehung vielfältiger Optionen, ob und welche technologischen Entwicklungen zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beitragen. - Fördern Sie vielfältige, robuste und ökologische Lösungsansätze anstatt eines "technology push", der dazu führt, dass auf einseitige Optimierungen und spezialisierte Strategien gesetzt wird, und der neue Risiken mit sich bringt. Eröffnen Sie die Debatte um die Zukunft einer nachhaltigen Agrarforschung, beziehen Sie die vielfältige Expertise der Verbände mit ein und setzen Sie sich für Alternativen zu "Plants for the Future" ein!
Mit freundlichen Grüßen
gezeichnet: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V; Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) e.V.; Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) e.V.; Gen-ethisches Netzwerk (GeN) e.V.; Greenpeace e.V.; NABU (Naturschutzbund Deutschland); Ökologischer Ärztebund e.V.; Zukunftsstiftung Landwirtschaft
(Der GID berichtete bereits im August/September 2004 über dieses Thema. Siehe "Das Blaue vom Himmel", Artikel von Benno Vogel, GID 165)

Erschienen in
GID-Ausgabe
175
vom April 2006
Seite 38