Kurz notiert: Politik und Wirtschaft
Druck auf Afrikas Biosicherheit
Der westafrikanische Staat Ghana ist dabei, einen rechtlichen Rahmen für die Nutzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) zu schaffen. Anfang November wurde eine 13-köpfige Expertengruppe aus ghanaischen Ministerien, Wissenschaftsinstituten und US-Agenturen eingesetzt, die in einem dreijährigen Prozess den Weg Ghanas in die Gentech-Ära begleiten soll. Das Land – ebenso wie eine Reihe anderer in der Region - erhält Gelder und logistische Unterstützung aus Mitteln der Weltbank und der Agentur USAID, um die Anwendung der modernen Biotechnologien zu regeln und zu fördern. Bereits in diesem August wurde ein entsprechender Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Nach Einschätzung des in Südafrika ansässigen African Centre for Biosafety dient die Vorlage zuvorderst dazu, Freisetzungen in Ghana zu gestatten. Demnach umfasst sie weder den Aspekt gesundheitlicher Auswirkungen noch die Einfuhr von GVO als Nahrungsmittelhilfe. Tatsächlich sollen einige Abschnitte dem Entwurf aus Swasiland ähneln, der von einem New Yorker Berater verfasst wurde. Afrikanische Staaten sind in den letzten Jahren verstärkt ins Visier der Gentech-Lobby geraten. Die afrikanische Gruppe war in den Neunzigerjahren federführend bei der Schaffung eines starken internationalen Abkommens für die Biologische Sicherheit, das Cartagena Protokoll. Und schon 2001 verabschiedete die Afrikanische Union ein Modellgesetz zur Biologischen Sicherheit, das besonders das Vorsorgeprinzip und die strikte Kontrolle bei der Einfuhr von GVO betont. In der Folge mangelte es dann allerdings an der zeitnahen Befähigung der Mitgliedsstaaten zur Umsetzung einer harmonisierten Gesetzgebung. Seitens der Gentech-Lobby, die das Modellgesetz von Beginn an diskreditiert hatte, versucht man nun mit vereinten Kräften und reichlichen finanziellen Mitteln afrikanische WissenschaftlerInnen, Institutionen und Regierungen von der industriegenehmen Interpretation des Cartagena Protokolls zu überzeugen. So konnten neben Ghana und Swasiland auch bereits Kenia, Burkina Faso, Lesotho, Tansania und Uganda ins Boot geholt werden. Selbst Sambia, das in seinem Entwurf die im Cartagena Protokoll vorgesehenen Ermessensspielräume für Schutzmechanismen bei der Einfuhr nutzt, geriet unter den Druck der USAID. Diese soll das Land aufgefordert haben, ein vereinfachtes Verfahren zuzulassen, das die schnellere Einfuhr von GVO ermöglicht. (Nov. SciDev.Net, 17.08.05, Ghana News Agency, 18.08.05 und 02.11.05, zitiert nach GENET-News, www.genet-info.org; ISIS Pressemitteilung, 04.10.05; Seedling. GRAIN, Okt. 05) (usp)
Mexiko: Erfolgreiche Gegenwehr
Vorerst zurückgezogen hat Mexikos Agrarministerium (Sagarpa) Ende November 2005 die Freisetzungsgenehmigungen für vier transgene Maissorten. Anfang Oktober 2005 waren Experimente mit Genmais der Konzerne Pioneer, Monsanto und Dow Agrosciences gestattet worden. Sie sollten ab Januar 2006 auf sieben Feldern des Nationalen Instituts für Forst-, Agrar- und Tierforschung (INIFAP) in Sinaloa, Sonora und Tamaulipas stattfinden. Laut Sagarpa waren die Genehmigungen für wissenschaftliche Zwecke des INIFAP und des Polytechnischen Instituts Cinvestav erteilt worden. Greenpeace Mexiko informierte darüber Anfang November die Öffentlichkeit und legte gegen diese Bescheide Widerspruch ein. Der Verband bezweifelt deren Rechtmäßigkeit. Zwar gibt es seit kurzem ein Gesetz zur Biologischen Sicherheit, von KritikerInnen als "Monsanto-Gesetz" bezeichnet, doch fehlen bislang noch die Ausführungsbestimmungen dazu. Zudem seien, anders als vom Agrarministerium dargestellt, die Genehmigungen auf Antrag der Konzerne - nicht aber der staatlichen Institute - bewilligt worden, denen die Experimente als erster Schritt zur kommerziellen Zulassung dienen sollten. "Diese Genehmigungen werden erteilt, obwohl Experimente mit Mais in zahlreichen Fällen verdeutlichen, dass die Risiken der transgenen Kontamination in einem Ursprungszentrum, wo eine hohe Vielfalt herrscht, hoch sind. Diese Einschätzung wurde von Sagarpa wiederholt ignoriert." In Mexiko, der Wiege der wichtigen Kulturpflanze Mais, wurde im Jahr 2001 trotz eines Moratoriums für den Anbau von gentechnisch verändertem Mais die Verunreinigung lokaler Sorten nachgewiesen. Die Auswirkungen für die Kleinbauern, die von diesen Pflanzen leben, sind noch nicht absehbar (siehe GID 163/2004). Unstrittig ist, dass Ursprungszentren von Kulturpflanzen eines besonderen Schutzes zur Reinhaltung bedürfen. Mexikanische Umwelt- und Bauernverbände hatten gegen die aktuellen Genehmigungen der Freisetzungen beim Agrarminister protestiert und erreichten damit, dass sie zurückgezogen wurden. Offiziell heißt es, wegen Formfehlern. Demnach soll nun nachgebessert und erneut genehmigt werden. Laut Pressemeldungen hatte der Agrobiotech-Multi Monsanto damit gedroht, das Land zu verlassen, wenn dort nicht binnen fünf Jahren Genmais angebaut werden sollte. Der Konzern ist seit 50 Jahren in Mexiko präsent und hat erst in diesem Frühjahr das dortige Unternehmen Seminis, den weltgrößten Hersteller von Gemüsesaaten, gekauft. In einem Beitrag für die Tageszeitung La Jornada erinnert Silvia Ribeiro vom mexikanischen Büro der ETC-Group an die Vielzahl der Skandale in der Firmengeschichte des Konzerns - die Herstellung des hochgiftigen Entlaubungsmittels Agent Orange, das im Vietnamkrieg zum Einsatz kam, die Verwicklungen des Unternehmens in die US-Zulassung des unter anderem in Europa verbotenen Rinderwachstumshormons rBST, Bestechungen in Indonesien, Verschleierungen von Studien über die extreme Giftigkeit der Chemikalie PCB, Klagen gegen Landwirte wegen Lizenzgebühren und die Beteiligung an der Entwicklung der Terminatortechnologie. In Mexiko sei nun die Agentur Estrategias Total damit beauftragt, das Unternehmens-Image zu polieren. Das scheint man aber auch bitter nötig zu haben. Denn gegenüber der Zeitschrift Poder y Dinero hatte sich der mexikanische Repräsentant des Konzerns, Ernesto Fajardo, dazu hinreißen lassen, dem Land ohne transgene Sorten eine Zukunft als "Maismuseum" zu attestieren. Eine solche Instinktlosigkeit kommt in Mexiko nicht gut an. Denn dort halten ungezählte Bauern und Bäuerinnen seit Jahrtausenden den Mais durch ihre eigene Zuchtwahl und Verbesserung lebendig - es gibt zwischen 45 und 60 regionale Sorten mit Tausenden von Variationen - und die Identität und Kultur ist eng mit diesem Lebensmittel verbunden. Die Gentech-Lobby jedenfalls reagierte bereits umgehend auf die Annullierung der Genehmigungen. Am 8. Dezember lagen Mexikos großen Tageszeitungen Reforma und Milenio Prospekte bei, in denen Landwirte aus verschiedenen Bundesstaaten sich für die Aussaat von Genmais einsetzen. Wer der Initiator dieser Kampagne ist, blieb vorerst im Dunkeln. Greenpeace schätzt die Kosten der Beilage auf 200.000 Pesos, etwa 16.000 Euro. (Oposición en México dificulta el negocio, La Jornada, 25.09.05; PM und Mailouts von Greenpeace Mexiko, 10.11., 28.11., 02.12. und 08.12.05; Sagarpa anula permiso de siembra experimental de maíz transgénico, La Jornada, 29.11.05; Retiro de permisos a maices transgénicos, "por omisiones", El Financiero, 01.12.05; Hasta nunca, Monsanto, La Jornada, 05.12.05) (usp)
Schmeiser versus Monsanto
Der kanadische Bauer Percy Schmeiser verklagt den Biotechnologiekonzern Monsanto auf Schadensersatz. Seine Felder würden schon seit längerem regelmäßig durch gentechnisch veränderten Raps Monsantos kontaminiert, entweder durch Polleneintrag oder durch Rapskörner, die beim Transport verloren gegangen sind. Monsanto hatte Schmeiser angeboten, die patentierten Rapspflanzen von seinen Feldern entfernen zu lassen. Schmeiser sollte sich im Gegenzug verpflichten, Monsanto in Zukunft von allen Schadensersatzansprüchen freizustellen und zudem über diese Abmachung Stillschweigen zu bewahren. Schmeiser lehnte dies Angebot entschieden ab. Schmeiser war selbst schon einmal von Monsanto verklagt worden, weil er Monsantos Roundup Ready-Raps angeblich ohne Erlaubnis (ohne Lizenzgebühren zu bezahlen) "angebaut" hatte. Im Jahre 1998 hatten Mitarbeiter Monsantos den Raps auf den Feldern von Schmeiser entdeckt. Schmeiser wurde - obwohl er vor Gericht versicherte, sein Feld sei durch Pollenflug kontaminiert worden - in erster Instanz zu hohen Schadensersatzzahlungen verurteilt. Schmeiser zog bis vor den obersten Gerichtshof. Damals verlor er gegen Monsanto, die Schadensersatzzahlungen wurden ihm allerdings erlassen. (taz, 04.11.05) (ts)
Indien: GEAC
Die indische Initiative Gene Campaign hat die Einleitung rechtlicher Schritte im Rahmen des Umweltschutzgesetzes gegen die Mitglieder der indischen Regulierungsbehörde für Gentechnik GEAC (Genetic Engineering Approval Committee) gefordert. Die GEAC habe im Falle der Bt-Baumwolle mit strafbarer Fahrlässigkeit gehandelt und vorsätzlich Informationen zurückgehalten. Obgleich der Misserfolg beim Anbau von Bt-Baumwolle offensichtlich sei, habe die GEAC weiter Bt-Baumwollsorten zugelassen. Indische Bauern haben durch den Anbau von Bt-Baumwolle schwerwiegende wirtschaftliche Verluste erlitten, teilweise begingen Bauern deshalb auch Selbstmord. Studien von Gene Campaign hatten ergeben, dass die Bt-Baumwollernten 2002/2003 in Maharashtra und Andhra Pradesh derart katastrophal ausfielen, dass 60 Prozent der Bauern nicht einmal ihre Ausgaben wieder einbringen konnten. Untersuchungen eines aus 20 Nichtregierungsorganisationen gebildeten Teams konnten den umfassenden Misserfolg mit den Bt-Baumwollpflanzen in Madhya Pradesh und Andhra Pradesh nachweisen. DIe NGOs berichteten auch über betrügerische Vermarktungsmethoden der Saatgutfirmen in diesem Jahr. Eine weitere Studie, die am Central Institute for Cotton Research, Nagpur, durchgeführt wurde, erbrachte den wissenschaftlichen Nachweis, dass die Bt-Baumwolle, die ursprünglich für die landwirtschaftlichen Verhältnisse in den USA entwickelt wurde, nicht einfach nach Indien verpflanzt werden kann und dort zwangsläufig scheitern muss. Bt-Baumwolle enthält Erbgut aus dem Bazillus thuringiensis (Bt) und produziert ein so genanntes Bt-Gift, das sie gegen Insektenbefall schützen soll. In Indien enstehen die größten Schäden durch den Baumwollkapselbohrer. Dieser ernährt sich jedoch kaum von den Blättern der Pflanze - wo das Gift hauptsächlich gebildet wird - sondern von den Baumwollkapseln. Die GEAC äußerte sich nicht zu diesen Ergebnissen und reagierte auch nicht auf eine Aufforderung von Gene Campaign Anfang August diesen Jahres. Deshalb sollen jetzt rechtliche Schritte eingeleitet werden. (The Financial Express, India, 15.11.05 und PM Gene Campaign, 14.11.05; zitiert nach GENET-news, www.genet-info.org) (ts)
Oberösterreich bleibt hartnäckig
Oberösterreich will Berufung gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einlegen, wonach sein Gentechnik-Verbotsgesetz aufzuheben ist. Im Oktober hatte die erste Kammer des EuGH ein solches Verbot untersagt, da dies im Widerspruch zum Wettbewerbsrecht stehe. Das EuGH gab damit der EU-Kommission in allen Punkten Recht, die schon im Jahre 2003 den Antrag Oberösterreichs, sich insgesamt zur gentechnikfreien Zone zu erklären, abgelehnt hatte. Nun soll die zweite Kammer als letzte Instanz nochmals über das Verbot entscheiden. Oberösterreich möchte in dem Berufungsverfahren formale Mängel der Kommissionsentscheidung aufgreifen. Gleichzeitig versucht Oberösterreich, durch ein Gentechnik-Vorsorgegesetz in der Praxis zu verhindern, dass gentechnisch verändertes Saatgut verwendet wird. Dies sieht kein ausdrückliches Verbot, aber strenge Auflagen für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen vor. Ein Entwurf wurde im November zur Notifizierung in Brüssel eingereicht. (lid, 17.11.05; www.lk-ooe.at, 18.11.05) (ts)
Reisgene patentiert
Das US-Patentamt hat thailändischen Wissenschaftlern ein Patent auf eine Gruppe von Reisgenen erteilt, die verantwortlich dafür sein sollen, Reis seine "Duftreis-Qualität" zu verleihen. Mithilfe dieser Gensequenz, die in thailändischem Jasminreis ausfindig gemacht worden ist, soll es möglich sein, nicht nur anderen Reissorten Duft zu verleihen, sondern auch andere Nahrungsmittel wie Weizen, Mais, Sojabohnen oder Kokosnüsse zu verändern. Das thailändische Forscherteam versucht nun, ein solches Patent auch in Australien, Frankreich, China, Vietnam, Japan, Indien und den Philippinen zu erhalten. Unter diesen Ländern befinden sich - was den Reisanbau betrifft - die Hauptkonkurrenten Thailands. (The Nation, Thailand, 30.10.05 zitiert nach GENET-news, www.genet-info.org) (ts)
Einspruch gegen Designerbaby-Patent
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch gegen ein Patent zur Auswahl des Geschlechts von Kindern im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eingelegt. Das Patent EP 1257168 sichert der US-Firma XY Inc. seit dem 2. Februar den Patentschutz für ein Verfahren, bei dem Samenzellen tiefgekühlt und nach den Geschlechtschromosomen getrennt werden. Laut Patentschrift geht auch das selektierte und tiefgekühlte Sperma in den Besitz der Firma über. Ende Oktober hatte das Europäische Parlament die Praxis des EPA in einer Resolution beklagt: Forschungsinteressen dürften nicht über die Würde des menschlichen Lebens gestellt werden, zudem verstoße das Patent gegen das europäische Patentrecht. Das Europäische Parlament forderte die Europäische Kommission dazu auf, Einspruch gegen dieses Patent einzulegen - was nicht erfolgte. Das EPA teilte in einer Pressemitteilung mit, seine Herangehensweise bei Patenten im Bereich der Biotechnologie sei sehr vorsichtig. Es forderte darin die Öffentlichkeit auf, Einspruch zu erheben, damit der Fall offiziell geprüft werden könne. (PM Greenpeace, 02.11.05; PM EPA, 27.11.05 unter www.european-patent-office.org/news/pressrel/2005…) (ts)
Patente als Schutz vor Patenten?
Wissenschaftler des Indischen Rates für Landwirtschaftliche Forschung (ICAR) haben damit begonnen, die DNA von 72 verschiedenen Basmati-Reissorten zu kartieren. Sie nutzen dafür ein ähnliches Verfahren, wie es für die Identifizierung von Menschen in der Kriminalistik zum Einsatz kommt. Im Anschluss des auf zwei Jahre angesetzten Projektes sollen die genetischen Muster der Sorten durch Patente geschützt werden. Hintergrund ist die Befürchtung, Anbau und Verwendung des traditionellen indischen Nahrungsmittels könnten durch Patente ausländischer Unternehmen behindert werden. "Es ist besser, wir verfügen über Datenbanken unserer Biodiversität, sodass wir es anfechten können, wenn jemand intellektuelle Eigentumsrechte auf unsere Sorten anmeldet", so der Vorsitzende der indischen Behörde für den Export landwirtschaftlicher und verwandter Produkte, K.S. Money. Der ICAR hat bereits 42 verschiedene Chili-Sorten, 243 Bananen- und 30 MangoSorten kartiert und plant, demnächst auch mit der Kartierung von Gewürzen zu beginnen. (The Guardian, 04.11.05 zitiert nach GENET-News, www.genet-info.org) (uw)
Monsanto gewinnt Prozess
Die Jury des US-Bezirksgerichts von St. Louis entschied einen Streit über Patentrechtsverletzungen zwischen Monsanto und Bayer zugunsten von Monsanto. Bayer hatte Monsanto verklagt, weil deren Bt-Mais YieldGard (Resistenz gegen den europäischen Maiszünsler) ein Patent von Bayer verletzen würde. Das Gericht urteilte, dass keine Patentsrechtsverletzungen seitens Monsanto vorlägen, da Monsanto der Erfinder der Maiszünslerresistenz sei und das Patent von Bayer darüber hinaus auch abgelaufen sei. (genet-info.org, 22.11.05) (je)
Neuer Reisepass passt vielen
Die Bundesrepublik hat als erstes Land in der EU biometrische Merkmale zur Identifizierung von Menschen eingeführt. Seit dem 1. November werden neue Reisepässe ausgestellt, die mit einem streichholzgroßen elektronischen Chip im vorderen Passdeckel ausgestattet sind. In ihm sind die Gesichtsform des Inhabers, der Augenabstand, die Stirnhöhe und die Breite der Nase abgespeichert. Ab Frühjahr 2007 sollen die Pässe außerdem die Fingerabdrücke der Passbesitzer enthalten. Solche Pässe werden in der gesamten EU eingeführt; die anderen Mitgliedsstaaten lassen sich allerdings noch ein Jahr Zeit. Vordergründig reagierte die EU mit der Nutzung biometrischer Merkmale für Reisepässe auf die Forderung der USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001, fälschungssichere Pässe einzuführen. In die Vereinigten Staaten sollten nur noch Bewohner von Ländern visafrei einreisen dürfen, die biometrische Merkmale im Pass speichern. Hintergrund für die Einführung der Pässe ist allerdings nicht nur ihre angebliche Sicherheit. Studien haben ergeben, dass die Techniken bisher äußerst fehleranfällig sind: Häufig erkennen die Geräte, die den Chip ablesen, Reisende trotz korrekten Passes nicht und ihre Inhaber werden an der Grenze zurückgewiesen. Datenschützer und Computerexperten weisen zudem auf Missbrauchsmöglichkeiten hin und kritisieren den neuen Pass als zu teuer und ineffektiv. Bei der Einführung der Pässe gehe es deshalb auch um die Förderung der Anbieter von biometrischen Identifizierungsverfahren. Der Staat betätige sich "als Markttreiber", so Sandra Schulz vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITCOM). Bisher wurde die Technologie nur vereinzelt angewendet, beispielsweise bei der Zugangskontrolle im Hannoveraner Zoo (Gesichtserkennung) oder bei der Bezahlung in einigen wenigen Restaurants (Fingerabdrücke). Die Industrie erwartet mit den neuen Pässen deshalb jetzt ein Milliardengeschäft. Der neue Pass ist denn auch deutlich teurer: Sein Preis steigt von bisher 26 Euro auf 59 Euro. Da dürfen sich die Inhaber alter Pässe freuen: Sie bleiben gültig und können auch für die visafreie Einreise in die USA genutzt werden. (SZ 31.10.05) (uw)
Versicherungen für GVO
In Interviews hat Nils Hellberg, der Leiter der Abteilung Allgemeine Haftpflicht und Kreditversicherung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., deutlich gemacht, dass Versicherungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) erst dann möglich werden, wenn "ein Schadensfall vom Zufall abhängig" ist. Wirtschaftliche Schäden durch Einträge aus Nachbarfeldern seien unter dem derzeit gültigen Gentechnikgesetz (GenTG) nicht versicherbar. Der §36a des GenTG verpflichte die GVO-verwendenden Landwirte zur Haftung, auch wenn sie nicht die Verursacher seien, es reicht eine so genannteVerursachungsvermutung. Offen ließ der Hapftpflicht-Fachmann, wie der unmittelbare Nachweis im Falle der fliegenden Pollen erbracht werden kann. Zwar sei es nach Ansicht von Hellberg mit der geplanten Änderung des Gesetzes durch die neue Regierung theoretisch leichter, Versicherungen anzubieten, nichtsdestotrotz sind auch diese von einer noch zu entwickelnden guten fachlichen Praxis abhängig. Darin könnten für jede Kultursorte vebindliche Regeln - zum Beispiel für Abstandsflächen - beschrieben werden. "Nur müssten die auch naturwissenschaftlich unstreitig sein. Davon scheinen wir gegenwärtig noch weit entfernt zu sein." (www.biosicherheit.de; Frankfurter Rundschau, 07.12.05, www.fr-aktuell.de) (pau)
GID-Redaktion