Kurz notiert: Landwirtschaft und Lebensmittel

Australien: Verunreinigung mit Bayer-Raps

Das "Netzwerk besorgter Farmer" (Network of Concerned Farmers - NCF) hat einen Bann aller Sorten-Versuche der Bayer Cropscience in Australien gefordert. Der Bann solle Bestand haben, bis der Konzern sämtliche Entschädigungen bezahlt hat, die wegen Verunreinigungen der konventionellen Rapssorte "Grace" mit der gentechnisch veränderten Rapssorte "Topas" von Bayer verhängt worden waren. Aus den Berichten der staatlichen Kontrollbehörde OGTR werde deutlich, dass Bayer nur geringen Aufwand betrieben habe, eine Verunreinigung zu vermeiden, meinte ein Sprecher des NCF. Das Minis-terium für Primär-Industrien des australischen Bundesstaates Victoria (Department of Primary Industries - DPI) hatte Ende Oktober bestätigt, dass die gefundenen Verunreinigungen nicht durch Importe sondern während des Vermehrungsanbaus (bulking) in dem Bundesstaat Tasmanien verursacht worden waren. Währenddessen hat die australische Regierung Grenzwerte für Saatgut und Produkte erlassen, die aber nach Ansicht des NCF nicht mit den Gesetzen der ACCC (Australian Competition and Consumer Commission) verträglich sind. Zudem würden sie auch nicht den Ansprüchen des Marktes entsprechen. Die Verunreinigungen lagen bei 0,1 bis 0,4 Prozent und damit unter dem neuen Grenzwert von 0,9 Prozent, der erst vor wenigen Wochen, nach dem Entdecken der Kontaminationen, erlassen worden war. Australien gehört zu den größten Exporteuren von Raps und Rapsprodukten weltweit und beliefert insbesondere Märkte in Asien und Europa. (PM DPI, 31.10.05; PM NCF, 01.11.05; beide im Netz unter: www.non-gm-farmers.com) (pau)

Baumwollkapsel-Bohrer Bt-resistent?

Einem Bericht in dem Fachmagazin New Scientist (Ausgabe vom 19.11.05) zufolge fanden australische Wissenschaftler unzweifelhaft Exemplare des - in Australien verbreiteten - Baumwollkapsel-Bohrers (Helicoverpa armigera), die gegen den Wirkstoff Cry1Ac resistent sein sollen. Das Cry-Toxin wird in gentechnisch veränderten (gv) Baumwollsorten gebildet und soll diese gegen Fraßschäden schützen. Das Toxin kommt ursprünglich in dem Boden-lebenden Bakterium Bacillus thuringiensis vor, weshalb es auch als Bt-Toxin, die gv-Pflanzen entsprechend als Bt-Pflanzen bezeichnet werden. Erst wenige Wochen zuvor war an gleicher Stelle (New Scientist, Ausgabe vom 29.10.05) noch über die Ergebnisse einer in den USA durchgeführten Untersuchung berichtet worden, bei der keine Resistenzen gefunden worden waren. Letztere war zunächst in den Veröffentlichungen (Proceedings) der nationalen (US-amerikanischen) Akademie der Wissenschaften publiziert worden. Die Gruppe unter dem bekannten Bt-Experten Bruce Tabashnik hatte ermittelt, dass bei dem in den USA verbreiteten Rosa Baumwoll-Kapselbohrer Pectinophora gossypiella) in sieben Jahren nur ein einziges Individuum mit einer Resistenz gefunden wurde, was einem Verhältnis von 1 zu 50.000 entspricht. Tabashnik merkte an, seine Untersuchung sei zum Teil durch den Gentechnik-Konzern Monsanto finanziert worden, die Firma habe aber weder auf die Untersuchung noch auf die Veröffentlichung Einfluss gehabt. (New Scientist, 29.10.05) (pau)

Big Brother Award 2005 vergeben

Der diesjährige Big Brother Award in der Kategorie Wirtschaft wurde an die Saatgut-Treuhand Verwaltungs GmbH Bonn vergeben. Die Big Brother Awards werden an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die die Privatsphäre von Individuen in besonderer Weise beeinträchtigen und deren Daten an Dritte weitergeben. Die Saatgut-Treuhand Verwaltungs GmbH überwacht im Auftrag der Saatgutfirmen die Einhaltung des Sortenschutzgesetzes. Das Sortenschutzgesetz besagt: Für Saatgut muss eine Lizenzgebühr an die Saatgutfirma, die die Sorte angemeldet hat, bezahlt werden. Die Lizenz muss jedes Jahr neu erworben werden, auch wenn es sich bei dem Saatgut um die eigene Ernte handelt. Es werden alljährlich sogenannte Nachbaugebühren fällig. Die Jury wählte die Saatgut-Treuhand aus, weil diese sich durch ihre Methoden für den Big Brother Award prädestinieren würde, unter anderem sollen beim Eintreiben der Gebühren Felder kontrolliert, Kundendaten bei Genossenschaften ermittelt und nicht auskunftswillige Bauern (mittlerweile 2500) verklagt worden sein. (www.big- brotherawards.de, 28.10.05) (je)

DIB begrüßt Reform...

Die Deutsche Industrievereinigung für Biotechnologie (DIB) begrüßt die angekündigte Reform des Gentechnik-Gesetzes. Der DIB sieht in der Novellierung des Gesetzes die Nagelprobe für die Innovationskraft Deutschlands. Deutschland bräuchte bessere, wettbewerbsorientierte Regelungen im Bereich der Grünen Gentechnik,so die DIB. (www.presseportal.de, 18.11.05) (je)

Genmais als Futtermittel...

Die Europäische Kommission hat die Einfuhr der gentechnisch veränderten (gv) Maissorte 1507 genehmigt. Der gv-Mais darf nunmehr verarbeitet und als Futtermittel eingesetzt werden. Die neue Maissorte trägt Gene für eine Resistenz gegen bestimmte Insekten-Schädlinge und ist tolerant gegen das Herbizid Glufosinat-Ammonium, das zum Beispiel unter dem Handelsnamen"Liberty" angeboten wird. Die Zulassung der Sorte war in den Niederlanden von Pioneer HiBred und Mycogen Seeds beantragt worden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stuft den gv-Mais als ebenso unbedenklich wie herkömmlichen Mais ein. Da der Zulassungsantrag im Regelungsausschuss der EU keine ausreichende Mehrheit bekam, musste er im Agrarministerrat verhandelt werden. Auch hier konnte keine Einigung erzielt werden, weshalb die Kompetenz an die Europäische Kommission zurückfiel. Damit ist die Maissorte 1507 auf zehn Jahre befristet zugelassen. (EU-Pressemitteilung, 03.11.05) (je)

Gentech-Konferenz in Wien

Der österreichische Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVP) will im kommenden Jahr die erste EU-Gentechnik-Konferenz in Wien abhalten. Die österreichische Regierung hat im ersten Halbjahr 2006 den Vorsitz des Europäischen Rates inne. Der Landwirtschaftsminister sieht einen Handlungsbedarf der EU bezüglich der Koexistenz von gentechnisch veränderten und unveränderten Produkten. Er betonte, dass ein Nebeneinander in großräumigen, agroindustriellen Strukturen möglicherweise funktioniere, nicht aber im kleinen Österreich. In diesen Strukturen sei das Problem der Auskreuzung nicht in den Griff zu kriegen, so Pröll, eine EU-Regelung über die Koexistenz von gentechnikfreier Landwirtschaft und Gentechnik wäre daher unabdingbar. (www.orf.at, 25.11.2005) (je)

Staatliche Beihilfen für GVO-Verunreinigungen

Wirtschaftliche Verluste, die Landwirten aufgrund der Kontaminierung ihrer konventionell oder ökologisch angebauten Produkte mit gentechnisch veränderten (gv) Organismen entstehen, dürfen durch staatliche Ausgleichszahlungen zu hundert Prozent ersetzt werden. Ende November genehmigte die Europäische Kommission erstmals solche Zahlungen; Dänemark hatte einen Ausgleichsfonds eingerichtet, in den Erzeuger von gv-Kulturen eine Abgabe zahlen müssen, deren Höhe sich nach der Hektargröße der bewirtschafteten Fläche richtet. Aus diesem Fonds dürfen nach der Entscheidung der Kommission nun andere Erzeuger für durch Kontaminierung entstandene Verluste entschädigt werden. Die Kommission begründete die erstmalige Genehmigung solcher staatlicher Beihilfen damit, dass sie zu einer erfolgreichen Koexistenz von gentechnisch veränderten mit konventionell oder ökologisch angebauten Kulturen beitrage. Finanzielle Verluste entstehen in der Logik des europäischen Rechts konventionell oder ökologisch wirtschaftenden Landwirten, wenn die GVO-Kontaminierung ihrer Produkte die EU-weit festgelegte Obergrenze von 0,9 Prozent übersteigt. Dann muss die Verunreinigung auf dem Etikett vermerkt werden. Bisher können sich Landwirte gegen diese Verluste nicht versichern. Bis eine entsprechende Versicherung verfügbar ist, darf in Dänemark den Landwirten nun die Differenz zwischen dem Marktpreis einer gv-Kultur und dem Marktpreis derselben konventionell oder ökologisch angebauten Kultur gezahlt werden. Dabei bleiben zivilrechtliche Haftung und mögliche strafrechtliche Verantwortung von mit gv-Kulturen wirtschaftenden Landwirten unberührt: Die dänischen Behörden werden geleistete Ausgleichszahlungen von den Verursachern der Verunreinigungen auf rechtlichem Wege grundsätzlich zurückzufordern versuchen. (afp, 23.11.05 und PM Europäische Kommission, 23.11.05) (uw)

Vier Monate für Bové

Der französische Bauernführer José Bové ist zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Er hatte am 25. Juli 2004 zusammen mit mehreren hundert Personen Versuchsfelder mit gentechnisch verändertem Mais zerstört. Die Versuchspflanzungen in Menville, Südfrankreich, gehören der US-Firma Pioneer. Das Berufungsgericht von Toulouse verurteilte auch den Grünen-Europaabgeordneten Gérard Onesta und Noël Mamère, Bürgermeister von Bègles bei Bordeaux, zu jeweils drei Monaten Haft auf Bewährung. Fünf weitere Beteiligte erhielten zwei Monate Haft auf Bewährung. Das Verfahren gegen 222 weitere Aktivisten war im Prozessverlauf eingestellt worden. (www.kurier.at, 15.11.05) (ts)

Indien: Fragwürdige Werbung

Greenpeace und die Nichtregierungsorganisation Pasumai Thaayagam (Green Motherland) haben beim Advertising Standards Council of India eine Beschwerde gegen eine Anzeigenkampagne der Saatgutfirma Mahyco Monsanto Biotech eingereicht. Anlass war eine Anzeige in der Zeitschrift "Indraya Velaanmai", folgendermassen betitelt: "Wahre Geschichten über Bauern, die Bt-Baumwolle angepflanzt haben". Darauf zu sehen ein Bauer, hinter ihm ein Traktor. Diese Art der Werbung sei irreführend, so die NGOs, denn sie vermittele, dass Bauern, die Bt-Baumwolle anpflanzen, in die Lage kommen würden, sich Dinge wie Traktoren oder Lastwagen leisten zu können. Dies entspräche keineswegs der Realität. Die NGOs berichten zudem, dass der fotografierte Bauer nicht über den Verwendungszweck dieses Fotos informiert worden sei. Ihm sei von einem Firmenvertreter mitgeteilt worden, wenn er sich vor seinem - im Übrigen auf Kredit gekauften - Traktor fotografieren lasse, könne er in einem Wettbewerb gewinnen. Greenpeace weist darauf hin, dass Bauern durch solch irreführende Werbung in den Ruin getrieben werden können - oder gar in den Selbstmord. Diese Art von Werbung sei deshalb unethisch. Mahyco Monsanto Biotech äußerte sich in einer Pressemitteilung zu diesen Anschuldigungen: Eine Untersuchung des indischen Marktforschungsinstitutes IMRB aus dem Jahre 2004 bestätige die Vorteile der gentechnisch veränderten, insektenresistenten Bollgard-Baumwolle und weise nach, dass Bauern von dieser Technologie profitiert haben. Zudem verfolge man strenge ethische Richtlinien und die Bauern, die in den Anzeigen ihre "Erfahrungen teilen", täten dies freiwillig. (agencyfaqs! India, 02.11.05; zitiert nach GENET-news, www.genet-info.org) (ts)

Gentechfreie Gemeinden in Costa Rica

Im mittelamerikanischen Kleinstaat Costa Rica gibt es inzwischen zwei gentechnikfreie Gemeinden. Im Oktober 2005 erklärte sich der Gemeinderat des Ortes Santa Cruz in der nördlichen Provinz Guanacaste gentechnikfrei. Schon im Mai vollzog der Stadtrat von Paraíso de Cartago, gelegen im zentralen Hochland, diesen Schritt. Doch während die Region Cartago selbst bislang nicht vom Anbau gentechnischer Kulturen betroffen ist, wird die Provinz Guanacaste seit Anfang der Neunzigerjahre von den einschlägig bekannten Konzernen genutzt, um dort vor allem gentechnisch verändertes Baumwoll- und Sojasaatgut für den Weltmarkt zu vermehren. Lokale Organisationen aus der agrar-ökologischen Bewegung gehen seit dem vergangenen Jahr verstärkt den Auswirkungen dieser Pflanzungen nach. Im September 2004 forderten sie erstmals von der Regierung ein Moratorium für den Anbau. Die Initiative zum gentechnikfreien Santa Cruz ging aus von Basisgruppen der Stiftung Sol de Vida, die sich für die Nutzung von Solarenergie und den Anbau einheimischer Kulturpflanzen einsetzen. "Der Gemeinderat hat sich dank des wichtigen Engagements von Organisationen aus der Region zu diesem visionären Schritt entschlossen", erklärte der Umweltkoordinator von Santa Cruz. "Die Bewohner von Guanacaste erfreuen sich traditioneller Gerichte aus einheimischen Maissorten und sie wünschen, dass auch in Zukunft diese Sorten nicht mit Transgenen kontaminiert sind." Mittlerweile wurde auch dem Präsidenten Costa Ricas und den Ministerien für Umwelt, für Handel und für Landwirtschaft brieflich die Entscheidung des Gemeinderats übermittelt. (Güipipía, Santa Cruz se declara segunda municipalidad libre de transgénicos, PM Casa del Sol, Santa Bárbara de Santa Cruz, 25.10.05; Brief des Gemeinderats Santa Cruz an den Präsidenten Costa Ricas und die Ministerien, 08.11.05) (usp)

Aktives Signal

Der in der Pflanzen-Gentechnik am häufigsten verwendete Promotor kann auch in Zellen von Säugetieren aktiv sein. Der so genannte 35S-CaMV-Promotor galt bisher als spezifisch für Pflanzen, weshalb er oft bei gentechnisch veränderten Pflanzen zur Regulation der neu eingesetzten Gene eingesetzt wurde. Die Forscher glaubten so die Sicherheit der gv-Pflanzen und auch der daraus gewonnen Futter- und Lebensmittel erhöhen zu können. Sie nahmen an, Gene in Tieren, speziell im Menschen, könnten nicht reguliert werden. In einer jetzt veröffentlichten Untersuchung wird genau das Gegenteil gezeigt. Der Promotor, so konnte beobachtet werden, steuert in dem Versuch zwei so genannte Reporter-Gene (gfp- und luc-Gen) in einer Linie menschlicher Zellen (Caco-2). Diese Laborzell-Linie zeigt eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit Zellen der inneren Oberfläche des Verdauungstraktes, den so genannten Enterocyten. Dies wird insofern als bedeutend angesehen, als dass die Wahrscheinlichkeit, überhaupt mit dem CaMV-Promotor in Kontakt zu kommen, für die Zellen des Verdauungssystems notwendigerweise verhältnismäßig hoch ist. Reporter-Gene werden in ein Genom eingeschleust, um Transgenität sichtbar zu machen. Gfp-Gene zum Beispiel lassen die Zellen, in die sie integriert wurden, fluoreszieren. Die Forscher um Marit R. Myhre und Kristin A. Fenton vom norwegischen Institut für Genökologie betonen in erster Linie den Bedarf an weiterer Forschung, insbesondere in vivo, das heißt an Zellen im lebenden Organismus. (Third World Network, TWN Biosafety Info, 13.11.05; European Food Reseach and Technology. Bd. 222, Nr. 1-2, 01/ 06, S. 185-193, online veröffentlicht: 10/05.) (pau)

China: Kein gv-Reis

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat sich das zuständige Gremium der chinesischen Regierung nicht auf die Zulassung von gentechnisch veränderten (gv) Reissorten einigen können. Das Gremium sei in Bezug auf die Sicherheit nicht übereingekommen, so dass es vorerst nicht zur ersten großflächigen Kultivierung von gentechnisch verändertem Reis kommen wird. Reuters zitiert Lu Baorong von der Fudan Universität in Shanghai, einem Mitglied des 74-köpfigen Komitees, über dessen dreitägige Sitzung (Ende November) keine Details veröffentlicht wurden. Im nächsten Jahr werde das Komitee sich wieder mit der Frage beschäftigen, wenn genügend Informationen vorgelegt würden. (Reuters, 28.11.05, www.reuters.com) (pau)

Stadtgüter verkauft - Gentechnik verboten

Der Berliner Senat hat seine so genannten Südgüter, die südlich der Stadt gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe, verkauft. Die Flächen, 7.200 Hektar, bleiben aber im Besitz des Landes. Als Auflage hatte der Senat gemacht, dass ein Käufer sich auf eine gentechnikfreie Bewirtschaftung festlegen müsse, dies wird in die Pachtverträge aufgenommen. Der Käufer steht nun schon seit August fest: Es ist eine Kommanditgesellschaft, hinter der ein bekannter Milchbauer aus den Niederlanden, Gerrit Vrielling, steht. Die Stadtgüter-Süd mit ihren zirka 3.000 Stück Milchvieh und 1.200 Färsen (Kühe, die noch nicht gekalbt haben) wechselten für einen Betrag zwischen acht und neun Millionen Euro den Besitzer. (Berliner Morgenpost, 03.08.05) (pau)

Abbruch des Gentechnik-Versuchs in Australien

Aus Zweifeln an der Unbedenklichkeit wurde in Australien ein mehrjähriger Versuch mit gentechnisch veränderten (gv) Erbsen abgebrochen. Eine Vielzahl der Labormäuse litt nach kurzer Zeit an einer Entzündung der Lungen. Etliche Tonnen der gv-Erbsen müssen vernichtet werden. Wissenschaftler am staatlichen Forschungsinstitut CSIRO (Australian Commonwealth Scientific and Research Organiza- tion) in Australien bedienten sich eines Bohnen-Gens, das für die Herstellung eines Proteins verantwortlich ist, und übertrugen es in die Erbsen, um sie so resistent gegen den Gemeinen Erbsenkäfer (Bruchus pisorum) zu machen. Das Protein blockiert das Enzym Alpha-Amylase. Ohne dieses Enzym können die Larven des Schädlings die Stärke der gv-Erbsen nicht mehr verdauen und sie verhungern. Auf diese Veränderung reagierten auch die Versuchstiere und produzierten Antikörper gegen das Protein. Außerdem bewirkte das Eiweiß eine Sensibilisierung und das Immunsystem der Mäuse reagierte auch auf andere, sonst harmlose Proteine der Erbse. Bei der Kontrollgruppe, die mit Bohnen gefüttert worden war, war es zu keinen Reaktionen auf das Protein gekommen. Dies erklären die Forscher mit einer kleinen Veränderung bei der Proteinherstellung in Bohnen und Erbsen. Beim natürlichen Prozess der Glykosylierung wird der Amylase-Hemmstoff in der Erbse mit anderen Zuckern verknüpft als in der Bohne. Diesen kleinen Unterschied bei der Verzuckerung sehen die Wissenschaftler als Ursache für die unterschiedliche Reaktion der beiden Mäusegruppen auf das Molekül. Higgins, der Vizechef von CSIRO, sieht diesen Versuch als Beweis dafür, dass Kontrollen funktionieren. Der Versuch zeige, dass alle gentechnisch veränderten Produkte einzeln untersucht werden müssten. Christoph Then von Greenpeace Deutschland betont jedoch die Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit bei Gentech-Versuchen: "In Europa hätten die Gen-Erbsen sogar eine Marktzulassung als Lebensmittel erhalten können. Denn Fütterungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen sind in der EU nicht vorgeschrieben." (www.sueddeutsche.de, 18.11.05) (olga)

EU: 3. Biotech-Fortschritts-Bericht

Die Europäische Kommission hat im Oktober den dritten Fortschritts-Bericht zu "Lebenswissenschaften und Biotechnologie - Eine Strategie für Europa" veröffentlicht. Darin wird zunächst in eher allgemeinen Worten auf die Bedeutung verwiesen, die Biotechnologie "für Erneuerung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in nahezu jedem Feld der menschlichen Aktivität" einnehmen könnte. Bezogen auf die Landwirtschaft seien dies die Werkzeuge und Methoden, die sie bei der Züchtung von Pflanzen und Tieren bereitstellen könne. Sie spiele eine wichtige Rolle zur Entwicklung von Pflanzen, die resistent gegen Hitze, Salz und Parasiten sind und werde angewendet bei der Selektion von Organismen mit entsprechenden Eigenschaften. Die Autoren des Berichtes schreiben zudem, Biotechnologie könne zu einem Rückgrat der so genannten wissensbasierten Gesellschaft werden, eines der mittelfristigen Ziele der Union (so genannter Lissa-bon-Prozess). Nach Ansicht der Kommission biete der Einsatz moderner Biotechnologie einmalige Gelegenheiten viele Bedürfnisse zu befriedigen und könne somit eine der Säulen sein, die politischen Ziele der EU zu erreichen, unter anderem: wirtschaftliches Wachstum, Bereitstellung von neuen Arbeitsplätzen, Umweltschutz und eine nachhaltige Entwicklung. Gleichzeitig mit dem Fortschritts-Bericht veröffentlichte die Kommission die Studie "Konsequenzen, Gelegenheiten und Herausforderungen der modernen Biotechnologie für Europa", die von der gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission (Joint Research Center) erstellt worden ist. Darin wird der Biotechnologie-Sektor der EU verglichen mit denen in anderen Regionen und Ländern der Welt, zum Beispiel den USA. Dazu heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung der Kommission, in der EU seien zwar "etwa ebenso viele Unternehmen in der Biotechnologie tätig wie in den USA, aber der europäische Biotechnologie-Sektor" beschäftige "nur annähernd halb so viele Menschen”. Zudem werde nur "ein Drittel so viel für Forschung und Entwicklung" ausgegeben. Auch werden weniger Risikokapital und geringere Fremdkapitalquellen genutzt. Nichtsdestotrotz werden, heißt es weiter "in den USA nur etwa doppelt so hohe Erträge erwirtschaftet wie in der EU". (PM EU-Kommission, 21.10.05, MEMO der EU-Kommission 05/389) (pau)

EU verliert

Nach einer Pressemeldung von Attac-Österreich werde die Europäische Union den Streitfall vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA und andere Länder verlieren. In dem Fall geht es um das so genannte De facto-Moratorium der EU, während dem die Union in einem Zeitraum von 1998 bis 2004 keine gentechnisch veränderten Organismen neu zugelassen hatte. Außerdem gehen die Kontrahenten der EU gegen eine Reihe von nationalen Verboten von bestimmten gentechnisch veränderten Organismen vor. Der frühere WTO-Direktor und heutige Generalsekretär der Konferenz zu Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen, Panitchpakdi Supachai, gab bei einem Vorbereitungstreffen für die WTO-Konferenz in Hongkong bekannt, "verloren hat" das Land, das den Import von GVO verhindere. (Siehe zu diesem Thema auch den Artikel von Stefanie Hundsdorfer in diesem Heft). (PM Attac-Österreich, 29.11.05) (pau)

Gentechnikgesetz ändern

Die neu gewählte große Koalition hat sich zu einer Änderung des neuen - erst im Januar 2005 in Kraft getretenen - deutschen Gentechnikgesetzes entschieden. Berichten zufolge soll insbesondere die Haftungsregel wieder abgeschwächt werden. Die Koalition plane die Bauern, die gentechnisch veränderte Organismen anbauen wollen, von der Haftung freizustellen, wenn sie sich an eine noch zu entwickelnde “Gute fachliche Praxis” halten. Zudem soll ein Haftungsfonds eingerichtet werden, an dem sich aber der Staat nicht beteiligen will. Eine weitere Änderung betrifft mögliche Auskreuzungen aus wissenschaftlichen Versuchen. Dabei handelt es sich oft um Material, das in der EU keine Zulassung hat, und es entsprechend keinen Nachweis für Unbedenklichkeit für Umwelt und Gesundheit der Menschen gibt. Verunreinigungen mit diesen Sorten sollen bis zu einer festzulegenden Grenze toleriert werden.(diverse Quellen, u.a. Koalitionsvertrag CDU, CSU und SPD, im Netz unter www.spd.de) (pau)

84 gentechnikfreie Regionen

Am 1. Dezember gab es in Deutschland 84 gentechnikfreie Regionen. Das entspricht einer Gesamtfläche von etwa 723.000 Hektar unter Beteiligung von zirka 23.000 Bäuerinnen und Bauern. Darauf weist die Internetseite des Projektes "Gentechnikfreie Regionen" hin, das gemeinsam von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Institut für Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen getragen wird. Die erste Region hatte sich im November 2003 öffentlich gentechnikfrei erklärt. Viele der beteiligten Landwirte sehen in der nachbarschaftlichen Absprache und Kooperation die einzige Möglichkeit, sich langfristig und zuverlässig vor Kontaminationen mit gentechnisch verändertem Material zu schützen. Je nach regionalen Bedingungen berücksichtigen die Partner in den Regionen anzubauende Sorten, Futtermittel oder sämtliche zum Einsatz kommenden Betriebsmittel. Zum Teil wird die abgesprochene Gentechnikfreiheit mit Logos oder Ähnlichem nach außen kommuniziert. (Siehe auch im Magazinteil dieses Heftes: Sondierungsstudie gentechnikfreie Regionen in Deutschland). (www.gentechnikfreie-regionen.de) (pau)

Versuchsfeld zerstört

Im nordrhein-westfälischen Werne ist ein Versuchsfeld mit gentechnisch verändertem (gv) Mais zerstört worden. Das Feld war Teil einer sechsjährigen Untersuchung über den Einfluss des Anbaus Herbizid-resistenter gv-Maispflanzen auf die Artenvielfalt von Unkrautpopulationen. Der Schaden wird auf 10.000 Euro beziffert, außerdem seien wissenschaftliche Daten verloren gegangen, so dass die Ergebnisse dieses Jahres nicht verwendet werden könnten und die Tests wiederholt werden müssten. Das Versuchsfeld war 5.000 Quadratmeter groß. (PM Bund Deutscher Pflanzenzüchter, 21.10.05) (pau)

Transgene DNA im Blut

Bei Versuchen mit Schweinen konnte gezeigt werden, dass die DNA-Erbsubstanz aus dem Futter im Blut zu finden ist. Ein Forscherteam um Raffaele Mazza von der Universität Piacenza (Italien) hatte die Bt-Maissorte Mon 810 des Gentech-Konzerns Monsanto in einem 35-tägigen Versuch getestet und Fragmente des übertragenen Genkonstruktes im Blut der Schweine nachweisen können. Monsanto hat beantragt, dass der gv-Mais Mon 810 in die deutsche Sortenliste eingetragen wird, noch ist die Entscheidung aber nicht gefallen. Der österreichische Gentechnik-Experte Werner Müller verweist in diesem Zusammenhang besonders auf Ergebnisse aus Studien, die im vergangenen Jahr von israelischen Wissenschaftlern publiziert worden waren: In ihren Versuchen konnten sie nachweisen, dass es die DNA selbst sein kann, die auf das Immunsystem wirkt. Gentechnisch veränderte DNA sei aber - so Müller - in der Natur nicht zu finden. Das Genfragment in dem Monsanto-Mais stammt aus Boden-lebenden Bakterien, wird im Labor bearbeitet und dann in die Pflanzenzellen eingesetzt. Es handelt sich demnach um synthetische DNA. (Telepolis, 07.12.05, www.heise.de) (pau)

Erschienen in
GID-Ausgabe
173
vom Dezember 2005
Seite 25 - 28

GID-Redaktion

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