Rezension: Queering Nature

Queere Naturkunde

Wussten Sie, dass bei einem Viertel aller Korallenriff-Fischarten alle oder einige Fische im Laufe ihres Lebens ihr Geschlecht wechseln? 

Illustration mit Tieren, Pflanzen und Korallen um einen pinken Kreis mit dem Schriftzug ‚Queering Nature‘, ergänzt durch kleine Regenbogenherzen.

Visual der Führung „Queering Nature“ im Museum für Naturkunde Berlin

Informationen wie diese finden Interessierte für gewöhnlich nicht in Lehrbüchern oder in wissenschaftlichen Sammlungen wie der des Naturkundemuseum Berlins. Auch wenn das renommierte Institut auf den ersten Blick alle Aspekte der Entstehung des Lebens und der Biodiversität der Erde abzudecken scheint – überall in seinen Räumen befinden sich naturhistorische und wissenschaftliche Leerstellen. Auf einige dieser Lücken macht eine neue Führung in acht Stationen aufmerksam: Bei „Queering Nature“ geht es um die unglaubliche Diversität der Sexualität und Geschlecht im Tierreich. Und darum wie diese lange Zeit durch Selbstzensur, Desinteresse oder Voreingenommenheit seitens der Forschenden unterbelichtet blieb. Eine Station macht z. B. darauf aufmerksam, wie Kolonialismus zu dem heteronormativen westlichen Blick auf die Natur beigetragen hat. Auch die überraschend wenig wissenschaftliche und behindertenfeindliche Illustration des Themas Mutation in der Ausstellung des Museums wird problematisiert. Die Führung macht große Kritikfelder auf, bleibt dabei aber auf unterhaltsame Art ganz konkret und orientiert sich in leicht verständlicher Form an naturwissenschaftlichen Studien. Wer die raren Führungstermine verpasst, kann sich die lohnenswerte Ergänzung zum Museumsbesuch als Digital Guide herunterladen.

Museum für Naturkunde Berlin (2025): Queering Nature. 90 Minuten, online: 
www.kurzlinks.de/gid274-im.

 

Erschienen in
GID-Ausgabe
274
vom August 2025
Seite 32 - 32

Dr. Isabelle Bartram ist Molekularbiologin und Mitarbeiterin des GeN.

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