Kurz notiert Politik & Wissenschaft 159

Klage gegen Patent

Die Biotech-Unternehmen Biogen, Genzyme und eine Tochtergesellschaft der Abbott Laboratories haben gerichtliche Schritte gegen die Universität Columbia eingeleitet. Sie beschuldigen diese, ein bereits im Jahre 2000 abgelaufenes äußerst lukratives Patent unrechtmäßig verlängern zu wollen. Die Columbia-Universität erhielt 2002 ein Patent auf eine Methode, tierische Zellen gentechnisch so zu verändern, dass sie bestimmte Proteine und Pharmazeutika herstellen, zum Beispiel Interferone (Proteine des Immunsystems). Bei der Technik handele es sich nicht um eine neue Erfindung, sondern im Wesentlichen um den gleichen Vorgang wie bei dem schon abgelaufenen Patent, so die Kläger. Das Patent brachte der Universität Columbia in der Vergangenheit Lizenzgebühren in Höhe von bis zu 100 Millionen US-Dollar jährlich ein. Zuvor hatten schon Amgen und Genentech eine entsprechende Klage eingereicht. (The New York Times, 16.07.03) (ts)

Chirac weiter gegen Gentech

Jacque Chirac, der französische Staatspräsident, hat sich Mitte Juni noch einmal gegen ein Ende des EU-weiten Zulassungs-Moratoriums für gentechnisch veränderte Pflanzen ausgesprochen. "Wir müssen uns vergewissern, dass die gentechnisch veränderten Organismen wirkliche Bedürfnisse bedienen und dass das Vorsorgeprinzip respektiert wird." Vor einem Treffen junger Landwirte sagte er weiter, "für mich sind diese Bedingungen heute noch nicht erfüllt." (Reuters, 13.06.03) (pau)

Friedliche Koexistenz?

Am 23. Juli veröffentlichte die EU-Kommission ihre Leitlinien zur Koexistenz gentechnisch veränderter und nicht veränderter Kulturpflanzen. Grundsätzlich sollen die entsprechenden Fragen auf der Ebene der Migliedsstaaten geregelt werden. Die Leitlinien der Kommission sind rechtlich nicht bindend, "sie sollen den Mitgliedsstaaten dabei helfen, im Einklang mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht praktikable Maßnahmen (...) zu erarbeiten." Der Agrarkommissar der EU, Franz Fischler, sagte, die Kommission wolle sicherstellen, dass die Landwirte selbst wählen, was sie anbauen. Die Maßnahmen, die von den Mitgliedsstaaten erlassen werden, so heißt es aus Brüssel, sollen "effizient und kostenwirksam sein, ohne über das hinaus zu gehen, was notwendig ist, um die EU-Schwellen für die Etikettierung von GVO einzuhalten." An konkreten Maßnahmen finden sich in einer - explizit nicht geschlossenen - Liste unter anderem: innerbetriebliche Maßnahmen (wie zum Beispiel Sicherheitsabstände, Pufferzonen, Pollenfallen oder -barrieren wie zum Beispiel Hecken), Zusammenarbeit zwischen benachbarten Betrieben (wie zum Beispiel gegenseitige Information über Aussaatpläne, die Verwendung von Pflanzensorten mit unterschiedlichen Blütezeiten), Überwachung (und Meldesysteme), Schulung der Landwirte, Austausch von Informationen und Beratungsdienste. Ein Greenpeace-Sprecher wies darauf hin, dass sich die Kommission immerhin zu (...) wichtigen Zugeständnissen durchgerungen hat: So kann es für einzelne Regionen spezielle Schutzmaßnahmen geben. Damit würden Gentechnik-freie Gebiete möglich. "Besonders wichtig ist der Vorschlag", so der Greenpeace-Sprecher, "dass Bauern, die als Erste in ihrer Region Gentechnik einsetzen wollen, dafür Sorge tragen müssen, dass benachbarte Felder entsprechend geschützt werden." Wer diese Maßnahmen bezahlen muss, lässt die Kommission in den Leitlinien offen. Von verschiedenen Seiten ist die Kommission wegen der Leitlinien kritisiert worden. Im Zentrum der Kritik stand vor allem, dass sie sich nicht auf eine europäische Regelung festlegen wollte. Es wird erwartet, dass es - früher oder später - zu einer Harmonnisierung der nun in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu erlassenden Maßnahmen kommen wird. Die vollständigen Leitlinien finden sich auf der Homepage der EU-Kommission unter: http://europa.eu.int/comm/agriculture/publi/repor…. (PM der EU-Kommission, 23.07.03) (pau)

Koexistenz - Deutschland

Verbraucherministerin Renate Künast will Landwirte gesetzlich dazu verpflichten, die unkontrollierte Ausbreitung von Gen-Pflanzen zu unterbinden. So will sie die Koexistenz zwischen Gentech- und Gentech-freier Landwirtschaft sichern. Der Anbau soll nur unter strengen Auflagen genehmigt werden. Ende Juli wurden in Berlin erste Eckpunkte des neuen Entwurfes des Gentechnikgesetzes bekannt, dass nach der Sommerpause dem Kabinett vorgelegt und anschließend in den Bundestag eingebracht werden soll. Danach sollen zum Beispiel Ökobauern auf Schadensersatz klagen können, wenn sie ihre Waren wegen Verunreinigung nicht mehr verkaufen können, nachdem die Gen-Pflanzen auf ihre Äcker übergegriffen haben. Das Gesetz sieht dafür Abstandsflächen, Schutzhecken und die strikte Trennung von Reinigungs- und Betriebsmitteln vor. Ferner soll es ein öffentlich zugängliches Standortregister geben, in dem alle Gen-Flächen ausgewiesen werden müssen. Die Kosten für die nötigen Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen sollen die Anbauer von Gen-Pflanzen übernehmen. Die SPD-MinisterInnen Edelgard Bulmahn und Wolfang Clement haben sich gegen derart strenge Auflagen ausgesprochen. (Berliner Zeitung, 31.07.03, 01.08.03) (pau)

Koexistenz - BÖLW

"Wir erwarten von Bundesministerin Renate Künast, klar zu stellen, wie sie verhindern will, dass die Ökobauern und die ohne Gentechnik wirtschaftenden konventionellen Bauern die Zeche für die Grüne Gentechnik zahlen müssen. Auch muss verhindert werden, dass die guten Ansätze für ein novelliertes Deutsches Gentechnikgesetz von den SPD-Ministerien zerpflückt werden. Von der Europäischen Kommission verlangen wir die Vorlage einer Verordnung, die regelt, welche Auflagen Anbauer von GVO einzuhalten haben, um den Schutz ihrer Berufskollegen vor Kontamination und Vermischung auf eigene Kosten zu garantieren und wie die Einhaltung dieser Auflagen kontrolliert wird. Das Europäische Parlament fordern wir auf, durch eine Festsetzung der Kennzeichnungsschwellenwerte bei Saatgut auf einen niedrigst-möglichen Wert sicherzustellen, dass nicht schon vom Beginn der Produktionskette an die Verunreinigung des Erntegutes vorprogrammiert wird. Schließlich fordern wir Bauernverbandspräsident Gerhard Sonnleitner auf, seine Mitglieder über die Konsequenzen der Grünen Gentechnik für die Marktchancen der heimischen Landwirtschaft aufzuklären und klare Position zu beziehen. Wer die Koexistenz beider Wirtschaftsformen fordert, muss auch benennen, welche Kosten damit verbunden sind und wer sie zu tragen hat. Wir erwarten sowohl vom Deutschen Bauernverband als auch vom BMVEL, dass sie die Diskussion um die Grüne Gentechnik durch Vorlage solcher Zahlen versachlichen! Wir fordern die Verbraucher auf, ihre Nachfrage ­ Macht so einzusetzen, dass die Produktion von Genfood bei uns keinen Sinn macht. Wir fordern die Freunde des Ökologischen Landbaus auf, durch den von uns eingerichteten "Schutzfonds Öko-Landbau" die Mittel bereitzustellen, die nötig sind, um Aktionen zum Schutz des Ökologischen Landbaus vor der Grünen Gentechnik zu finanzieren." (aus: PM Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft, 17.07.03) (pau)

Koexistenz - DBV

"Für den Deutschen Bauernverband (DBV - die Red.) ist die Frage der Koexistenz der zentrale Aspekt in der jetzigen Diskussion zur Grünen Gentechnik. Es muss gelingen, das Neben- und Miteinander von konventionellem Ackerbau ohne Gentechnik, konventionellem Anbau unter Einsatz genetisch veränderter Pflanzen und ökologischem Anbau ohne Verwendung von Gentechnik zu gewährleisten und damit die Wahlfreiheit von Erzeugern und Verbrauchern sicherzustellen. Koexistenz beinhaltet das möglichst konfliktfreie Nebeneinander verschiedener Produktionsformen, ohne dass die eine oder andere Form ausgeschlossen wird. Das gilt vor allem für die Landwirtschaft aber auch die weiteren Verarbeitungs- und Handelsstufen. (...) Es ist rechtlich festzulegen, dass Landwirte, die keine genetisch veränderten Pflanzen einsetzen, nicht mit den Kosten für Tests auf das Vorhandensein von GVO belastet werden. Die Klärung der Haftungsfragen ist besonders dringlich. Anbauer, die aufgrund unvermeidbarer GVO-Verunreinigungen in konventionellen oder Öko- Erzeugnissen Vermarktungsverluste erleiden, müssen entschädigt werden. In diesem Zusammenhang ist das Für und Wider einer Fondslösung zu diskutieren. Außerdem dürfen Landwirte, die zugelassene GV-Sorten nach guter fachlicher Praxis anbauen, keiner Haftung für von ihnen nicht verschuldete Schäden unterworfen werden." (aus: Stellungnahme des Präsidiums des DBV, 03.06.03) (pau)

Neue Zuständigkeiten

Der Bundestag hat am 4.7.03 mit Koalitionsmehrheit beschlossen, dass in Zukunft nicht mehr das Robert Koch-Institut (RKI) für Genehmigungen nach dem Gentechnikgesetz zuständig ist, sondern das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das Robert Koch-Institut, das dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt ist, wird jedoch als Benehmensbehörde an allen Genehmigungsverfahren im Bereich des Gentechnikrechts beteiligt werden. Diese Zuständigkeitsänderung wurde vorgenommen, nachdem schon im Oktober 2002 der Aufgabenbereich Gentechnik vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung auf das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft übertragen worden war. (aol-Newsb., 4.7.03) (ts)

GB: GVO-Debatte

Der erste Report der Arbeitsgruppe zum Review des Standes der Wissenschaft zu gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP) in Großbritannien ist im Juli veröffentlicht worden. Das Review ist Teil der öffentlichen Debatte über Gefahren und Nutzen von GVP. Zusammengefasst kommt die Arbeitsgruppe unter Leitung von Professor David King zu dem Schluss, dass die Risiken für die menschliche Gesundheit als sehr gering eingeschätzt werden können. In Bezug auf ökologische Gefahren gibt es deutliche Bedenken in der Arbeitsgruppe. Sie folgert, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen bei einem verbreiteten Anbau die Natur in Großbritannien ernsthaft schädigen können. Die Arbeitsgruppe sieht eine Reihe von Wissenslücken, die durch weiter gehende Forschungen geschlossen werden müssen. Dies gilt insbesondere für Fragen der Allergologie, der Konsequenzen von Genfluss und der Auswirkungen auf die Biodiversität von Farmland. Derzeit laufende Freisetzungsversuche werden im Herbst beendet sein, dann will die Gruppe ihren Teil zu den ökologischen Risiken aktualisieren. Der Prozess des Reviews hat verschiedenste Kritik auf sich gezogen, unter anderem bildete sich eine Arbeitsgruppe unabhängiger WissenschaftlerInnen. Eines der Mitglieder der offiziellen Arbeitsgruppe, Carlo Leifert, hat sich aus dem Gremium vorzeitig zurückgezogen, weil, so wird berichtet, ein Mitarbeiter von Monsanto einen ersten Entwurf für einen Teil des Endberichtes schreiben sollte. Neben dem Review zum Stand der Wissenschaft besteht die öffentliche Debatte aus zwei weiteren Teilen: einerseits wurde ein Bericht zu den ökonomischen Chancen der Pflanzen-Biotechnologie veröffentlicht, der keine oder nur geringe Vorteile für die Wirtschaft Großbritanniens prognostiziert. Dieser Bericht soll selbst Premierminister Tony Blair dazu veranlasst haben, den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einer kritischeren Prüfung zu unterziehen. Außerdem gab es im Juni und Juli eine große Anzahl öffentlicher Diskussionsveranstaltungen, die in einem bewertenden Bericht zusammengefasst werden. Dieser wird für September erwartet. Der Bericht der Arbeitsgruppe steht im Internet zum Download bereit. (PM Friends of the Earth UK, 18.07.03; PM GM Science Review, 21.07.03; The Independent, 21.07.03; The Observer, 20.07.03; www.defra.gov.uk; www.gmsciencedebate.org.uk; www.gmnation.org.uk) (pau)

Internationale Richtlinie

Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und die Weltergesundheitsorganisation (WHO) haben Anfang Juli eine international gültige Richtlinie verabschiedet, die der Risikoabschätzung von Produkten mit gentechnisch veränderten Zutaten dienen soll. Die Verordnung sieht vor, dass solche Produkte nach einheitlichen Kriterien untersucht werden und nur dann in den Handel kommen dürfen, wenn sie nach dem momentanen Stand der Wissenschaft auf ihre Unbedenklichkeit überprüft worden sind. Gentechnisch veränderte Lebensmittel sollen zusätzlich auf ihr allergenes und toxisches Potential hin untersucht werden. Die von der zuständigen Codex-Alimentarius-Kommission verabschiedete Verordnung beurteilt ­ soweit angemessen - auch Maßnahmen zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter Lebensmittel als adäquate Mittel zur Risikoabschätzung. (Consumer International, 01.07.03; aol-Newsbote, 07.07.03) (ts)

Patent auf Kekse?

Im Mai diesen Jahres wurde Monsanto vom europäischen Patentamt ein Patent auf eine Weizensorte mit speziellen Backeigenschaften zugesprochen, die durch Kreuzung der traditionell indischen Weizensorte Nap Hal mit anderen Sorten gezüchtet wurde. Dies ergaben Recherchen von Greenpeace. Das Patent EP 445929 umfasst den Weizen und alle Produkte aus diesem, wie Mehl, Teig, Kekse und Kuchen, obwohl kein neues Gen in den Weizen eingeführt wurde. Deshalb handele es sich hierbei nicht um eine Erfindung, sondern um eine Entdeckung schon vorhandener Genkombinationen, so ein Greenpeace-Sprecher. Konventionelle Züchtungen sind von einer Patentierung ausgeschlossen. Greenpeace bereitet einen Einspruch gegen das Patent vor. (PM Greenpeace, 23.06.03) (ts)

Forschung an "Nicht-Einwilligungsfähigen"

Der Europarat hat am 26. Juni Vorschläge für den Schutz von Versuchspersonen bei medizinischen Experimenten vorgelegt. Eine Genehmigung für Experimente mit Menschen soll nur erteilt werden, wenn die Betreffenden sich ausdrücklich bereit erklärt haben, über mögliche Risiken informiert wurden und es keine Alternativen gibt. Zudem muss der zu erwartende Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen. Auch Experimente mit "Nicht-Einwilligungsfähigen" sollen erlaubt sein, selbst wenn sie den Betroffenen selbst keinen direkten therapeutischen Nutzen bringen. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass ein Nutzen für andere "in der gleichen Alterskategorie oder mit der gleichen Krankheit" zu erwarten ist und die Experimente nur "minimale Risiken und Belastungen" mit sich bringen. Auch Experimente mit Strafgefangenen sollen unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein. (taz, 26.07.03) (ts)

Lizenz zur Jungfernzeugung

Die in Stammzell-Fragen zuständige britische Behörde "Human Fertilisation and Embryology Authority" (HFEA) hat dem schottischen Forscherteam um Ian Wilmut am Roslin-Institut bei Edinburgh eine Genehmigung für das Forschen mit humanen embryonalen Stammzellen erteilt. Diese weltweit erstmals erteilte Lizenz erlaubt die sogenannte Jungfernzeugung (Parthenogenese) zur Gewinnung von Stammzellen aus menschlichen Eizellen. Dabei wird eine unbefruchtete Eizelle durch elektrische oder chemische Reize angeregt, sich zu teilen und sich in ein frühes Embryonalstadium zu entwickeln. Danach können Stammzellen entnommen werden, an denen die Wirkung von neuen Medikamenten getestet werden soll. Wichtig für die Lizenzerteilung soll das Argument gewesen sein, dass bei der Parthenogenese kein überlebensfähiges Kind entstehen könne. (New Scientist, 10.06.03; www.netzeitung.de) (ts)

African-American Biobank

Die erste umfassende Genbank, in der ausschließlich Daten und biologische Substanzen von Amerikanern und Amerikanerinnen mit afrikanischen Vorfahren gespeichert sind, werden WissenschaftlerInnen der Universität Howard in Washington D.C. anlegen. Das Projekt, in dem DNA-Proben von rund 25.000 Freiwilligen über fünf Jahre hinweg gesammelt werden sollen, hat das Ziel, den jeweiligen Einfluss des Lebensstils sowie genetischer Faktoren auf Krankheiten in dieser Bevölkerungsgruppe zu bestimmen. Auf dieser Grundlage soll eine maßgeschneiderte Medizin für Afro-Amerikaner entwickelt werden. Epidemiologen erhoffen sich von der Biobank zudem evolutionsbiologische Erkenntnisse. Als DNA­Spender möchten die Forscher vor allem Patienten aus Studien gewinnen, die von der Regierung oder der Industrie gefördert werden. Geleitet wird das Projekt "Howard's Genomic Research in the African Diaspora" (GRAD) von Georgia Dunston, die selbst Afroamerikanerin ist. Dieser Umstand, sowie die Tatsache, dass es sich auch bei der durchführenden Einrichtung um eine traditionell afroamerikanische Universität handelt, soll nach Angaben der Forscher für Vertrauen sorgen. Das Projekt wird von dem amerikanischen Unternehmen First Genetic Trust gesponsert, das die Informationsplattform für die Speicherung von Daten zur Verfügung stellt. (science, 300, 06.06.03) (mf)

Geron erhält Patent

Das kalifornische Biopharmazieunternehmen Geron hat vom US-Patentamt ein Patent auf eine bestimmte Stammzellentechnologie erhalten. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, mit dessen Hilfe therapeutisch nutzbare von unbrauchbaren Zellen geschieden werden können. Die Firma Geron war eine der ersten, die embryonale Stammzellen wirtschaftlich verwertete, und besitzt schon einige Dutzend Patente auf Embryonalstammzellen. (FAZ, 13.6.03; AlfA-Newsletter 13.6.03) (ts)

Biopatent-Richtlinie

Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat acht Länder vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil diese bisher nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, die Biopatent-Richtlinie (98/44/EG) des Europäischen Parlamentes und des Europäischen Rates in nationales Recht zu implementieren. Dies hätte nach den Regeln der EU bereits bis zum 30. Juli 2000 geschehen müssen. Neben Deutschland droht nun auch Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden eine Geldstrafe. Die Koalitionsparteien des Bundestages haben sich unterdessen zu einer Doppelstrategie entschlossen. Sie werden nun einerseits alles daran setzen, die Richtlinie so schnell wie es geht in nationales Recht umzusetzen. Andererseits soll es auf europäischer Ebene zu Neuverhandlungen von zentralen Punkten der Richtlinie kommen, die nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entspricht. In der Umsetzung soll es, nach den neuen Koalitionsvereinbarungen, durchaus die Möglichkeit geben, Stoffpatente auf Gene zu erteilen. Anmelder müssen eine Funktion für das Gen beschreiben und einen Herkunftsnachweis erbringen. Letzterer muss bei der Anmeldung Angaben zum geographischen Herkunftsort des Materials umfassen, soweit dieser bekannt ist. Außerdem sieht der Entwurf vor, dass biologisches Material, welches in der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar geerntet wurde, vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Im Falle von Auskreuzungen trägt nicht der Landwirt sondern der Patentinhaber die Beweislast. (agrar.de Aktuell, 25.06.03; PM Europäische Kommission 10.07.03) (ts)

"Erklärung von Berlin"

Die Bundesärztekammer (BÄK), Greenpeace und Misereor haben Anfang Juni mit der "Erklärung von Berlin" an die Bundesregierung appelliert, Patente auf Leben zu verbieten. Sie fordern die Bundesregierung darin zu einer "Neuordnung des Patentrechts" auf europäischer Ebene auf. Sie berufen sich im Wesentlichen auf die Voten der Bundestags-Enquete-Kommissionen für Bio-Ethik und für Globalisierung: "Die Enquete-Kommissionen verlangen, Patente auf Pflanzen, Saatgut, Tiere und Gene zu verbieten und lediglich einzelne technische Verfahren zu Patenten zuzulassen. Das Bundesjustizministerium hat noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, mit dem Patente auf Gene, Pflanzen und Tiere ausdrücklich erlaubt werden sollen. Misereor, Greenpeace und die Bundesärztekammer fordern den Bundestag auf, dem Gesetzeswerk keinesfalls zuzustimmen." (www. greenpeace.de) (ts)

EU-Kommission verklagt Deutschland

Die seit Oktober 2002 geltende EU-Richtlinie über die Freisetzung gentechnisch veränderten Organismen wurde von 11 EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Deshalb wurde von der EU-Kommission am Europäischen Gerichtshof ein Verfahren gegen die betreffenden Länder eingeleitet. In Deutschland soll die Umsetzung im Rahmen der Novellierung des Gentechnik-Gesetzes stattfinden. Hierzu gab es im Frühjahr bereits einen Entwurf, der aber - wie es in Berlin heißt - in der Koalition beziehungsweise in der Abstimmung der beteiligten Ministerien nicht Konsens-fähig war. Derzeit wird entsprechend an einem neuen Entwurf gearbeitet. (aol-Newsbote, 15.07.03) (ts)

Gentechnikgesetz-Initiative

Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat am 11.07.03 einen Gesetzentwurf für ein neues Gentechnikgesetz in den Bundesrat eingebracht. Die Landesregierung möchte damit einen Beitrag leisten zu der derzeitigen Debatte zur Implementierung der Freisetzungs-Richtlinie 2001/18/EG der Europäischen Union. Diese hätte von Deutschland bereits bis zum Oktober des vergangenen Jahres in Kraft gesetzt werden müssen. Der zentrale Punkt in der schleswig-holsteinischen Initiative ist die Gewährleistung der Koexistenz von Gentechnik-freier und verwendender Landwirtschaft und die damit eng verknüpfte Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Transparenz. Der Bundesrat hat die Vorlage an seine Ausschüsse verwiesen, Feder führend ist der Agrar-Ausschuss. (Protokoll des Bundesrates, 11.07.03, www.bundesrat.de) (pau)

Datenschutz

An der Universitätsklinik Gießen sind alle seit 1972 in Hessen geborenen Menschen mit vollem Namen in einer Blutdatei gespeichert. Darauf verwies der hessische Datenschutzbeauftragte Zezschwitz am 10. Juli 2003 im hessischen Landtag. Die Blutproben stammen aus der routinemäßig bei Neugeborenen vorgenommenen Blutuntersuchung, dem so genannten Neugeborenen-Screening, bei dem aus der Ferse des Babys einige Tropfen Blut entnommen werden. So soll eine Reihe angeborener Stoffwechselerkrankungen frühzeitig erkannt und behandelbar werden. Etwa eines von tausend Neugeborenen ist durch eine dieser Krankheiten gefährdet. Nach Zezschwitzs Aussagen sei es völlig unverständlich, dass solche Proben mit Namen und Geburtsdaten über Jahrzehnte in einer Datei gespeichert wurden. Da es sich dabei um eine "potenzielle Gendatenbank" handele, müssten die Daten auf alle Fälle anonymisiert werden. (FR, 11.7.03) (ts)

Heimliche Vaterschaftstests

Nach einem am 10.07.03 veröffentlichten Urteil des Landgerichts München sind heimliche Vaterschaftstests nicht mehr rechtswidrig. Bislang durften unverheiratete Väter die Abstammung eines Kindes nicht ohne die Einwilligung der Mutter überprüfen lassen. Ein heimlicher Abstammungstest sei eher dem Wohle des Kindes zuträglich, als eine gerichtlich erzwungene Klärung der Vaterschaft, so die Richter. Es bestehe ein "anerkennenswertes Interesse des möglicherweise biologischen Vaters, die Abstammung durch einen wenig belastenden heimlichen Test zu klären". Anlass für das Urteil war ein Rechtsstreit zwischen zwei Genlaboren. In Deutschland werden pro Jahr etwa 6.000 Vaterschaftstests durchgeführt. Für eine Untersuchung werden nur geringe Mengen genetisches Material benötigt, schon ein Haar oder ein wenig Speichel reichen aus. (aol-Newsbote, 10.07.03) (ts)

Cannabis-DNA

US-amerikanische Forscher wenden Methoden, die auf den Prinzipien der Erstellung eines DNA-Fingerabdrucks für Menschen basieren, auf Cannabis-Pflanzen an. Die Forscher des Forensic Science Laboratory in Meriden, Connecticut, sind dabei, eine Datenbank aufzubauen, in welcher die DNA-Profile hunderter Cannabispflanzen gespeichert werden. Die so gewonnenen Informationen sollen dazu dienen, bei Cannabisfunden die Anbauorte der jeweiligen Pflanze leichter ausfindig machen und die Vertriebswege über Zwischenhändler bis zum Konsumenten nachverfolgen zu können. Wenn zwei Proben identische DNA-Profile aufweisen, bedeutet dies jedoch nicht, dass sie vom gleichen Züchter, geschweige denn von der selben Pflanze stammen. Cannabispflanzen werden nämlich, wie viele anderen Pflanzen auch, oftmals über Stecklinge weitervermehrt, um sich so besonders gute Linien zu erhalten. So entstehen Pflanzen mit identischen Gen-Profilen. Trotzdem erhoffen sich die Forscher, mit Hilfe dieser Datenbank weitere Aufschlüsse über die Vertriebswege zu erhalten. Denn wenn in unterschiedlichen Cannabisfunden mehrere übereinstimmende Profile gefunden werden, ist es durchaus wahrscheinlich, dass auch weitere Zusammenhänge bestehen. (New Scientist, 12.07.03) (ts)

Neue Mitglieder

Am 4. Juni wurden neue Mitglieder in den Nationalen Ethikrat berufen: Der Humanmediziner und Philosoph Martin Lohse, Inhaber des Lehrstuhls für Pharmakologie und Toxikologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, und Peter Radtke, Schauspieler und Autor mehrerer Theaterstücke sowie zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen zu Themen im Bereich Behinderung. (www.ethikrat.org) (ts)

Fördermittel

Drei Millionen Euro aus dem so genannten "Niedersächsischen Vorab" der VolkswagenStiftung gehen in diesem Jahr an das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin in Hannover für dessen Schwerpunktprogramm Pharmako- und Toxikogenomik. Die VolkswagenStiftung, die Gelder an Institutionen im Land Niedersachsen vergibt, stellt in diesem Jahr insgesamt nur 18,8 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung, im letzten Jahr waren es noch 54,5 Millionen Euro. Den Löwenanteil von 6,1 Millionen Euro erhalten Forscher im Bereich der Biowissenschaften bei insgesamt neun Bewilligungen. (Laborjournal 7/8 2003) (ts)

Verbotene Forschung

Forschungsarbeiten deutscher Wissenschaftler mit menschlichen embryonalen Stammzellen im Ausland sind nach Auslegung zweier Rechtsgutachten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Auftrag gegeben wurden, nicht strafbar. Die DFG legte am 16.07.03 die Gutachten vor und verwies auf das im deutschen Strafrecht geltende Territorialprinzip, demgemäß keine strafbare Handlung vorliegt, "wenn vor Ort im Ausland ohne Bezug auf das Inland gearbeitet wird", ungeachtet "in welcher Art die Wissenschaftler in das Projekt eingebunden sind, sei es, dass sie unmittelbar an der Durchführung des Vorhabens beteiligt sind oder dieses nur technisch beziehungsweise wissenschaftlich unterstützen", so die DFG. Ebenfalls nicht strafbar sei die Arbeit von Beiräten und Gutachtern vor Ort. Strafbar sei jedoch eine Beteiligung an Forschungsprojekten im Ausland, wenn dadurch nicht genehmigte Vorhaben im Inland unterstützt werden oder eine nicht genehmigte Einfuhr embryonaler Stammzellen ermöglicht wird. Eine Sonderregelung besteht für Staatsbedienstete, die den Status eines Amtsträgers haben, wie zum Beispiel Professoren an Universitäten. Diese machen sich aufgrund des Personalitätsprinzips strafbar, wenn sie im Ausland an einem nach deutschem Recht nicht zulässigen Forschungsprojekt beteiligt sind. (FR, 17.07.03; taz,18.07.03; www.dfg.de) (ts)

Indien und USA

Eine bilaterale Kooperation in der Weiterentwicklung von agronomischen Anwendungen der Gentechnologie, insbesondere mit Blick auf Trockenheit und versalzte Böden, haben die USA und Indien abgeschlossen. Gleichzeitig soll die Ernährung von Kindern und schwangeren Frauen gesichert werden. Die Vereinbarung, die zwischen der Abteilung für Biotechnologie der indischen Regierung und der US-amerikanischen Hilfsorganisation USAID getroffen wurde, will auch so genannte public-private-partnerships in dem beschriebenen Bereich fördern. (SciDev.Net, 27.06.03, zitiert nach GENET-news, 07.06.03) (pau)

Meacher gekündigt

Der langjährige Umweltminister von Großbritannien Michael Meacher ist am 13.06.03 enlassen worden. Meacher, der ein überzeugter Gegner des kommerziellen Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen ist, geriet immer stärker in Konflikte mit Premierminister Tony Blair, seines Zeichens Befürworter und Förderer der Pflanzen-Biotechnologie. (The Observer, 15.06.03) (pau)

Pharmapflanzen - USA

Eric Flamm, Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde für Nahrungsmittel (FDA - Food and Drug Administration) hat angekündigt, die USA werden keine Verunreinigung von Lebensmitteln mit Pharmapflanzen dulden. Bereits im März hatte das US-Landwirtschaftsministerium neue Regelungen für den Anbau von Pharma-Pflanzen erlassen. Eine Abteilungsleiterin des Ministeriums erwartet deshalb für dieses Jahr weniger Anträge als in der Vergangenheit. In den USA war es im vergangenen Jahr zu einer Verunreinigung dieser Art gekommen: Gentechnisch veränderter Mais der Firma ProdiGene war in einem Silo gefunden worden, in dem Soja zur Lebensmittelherstellung lagerte. Der Mais trug ein Gen zur Produktion eines Vakzins für die Schweine-Zucht. (Reuters, 26.06.03) (pau)

Patent-freie Zone

Eine neue Initiative versucht die Pflanzenforschung und -entwicklung, die mit öffentlichen Geldern finanziert wird, zu einer Patent-freie Zone zu machen. Vertreterinnen und Vertreter einer Gruppe von staatlichen Forschungsinstitutionen und Stiftungen gründete die PIPRA (Public-Sector Intellectual Property Resource for Agriculture, PIPRA - www.pipra.org), um sich gegenseitig von Patentgebühren freizustellen und insbesondere Forschungen und Entwicklungen zu begünstigen, die auf die Lösung des Hungerproblems auf der Welt abzielen. Beteiligt sind zum Beispiel die Universitäten von Wisconsin-Madison, von California System, von California-Davis und von California-Riverside; außerdem die Rockefeller- und die McKnight-Stiftung. (Rockefeller-Foundation, 07.07.03, zitiert nach GENET-news 15.07.03; www.pipra.org) (pau)

Gentech-frei

Die bereits vor längerer Zeit angekündigte Gentech-freie Zone Kärnten (Österreich), Friaul-Julisch (Italien) und Slowenien ist am 10. Juni formell begründet worden. Mit den Unterschriften von den Vorsitzenden der jeweiligen Anbauverbände des biologischen Landbaus und mit Unterstützung der anwesenden Landwirtschaftsminister der drei Länder ist der Startschuss gegeben für die gemeinsame Förderung der biologischen Landwirtschaft als grenzüberschreitende Initiative. Die Kooperation soll in erster Linie eine Bioregion fördern, die unter einem gemeinsamen Siegel biologisch produzierte Lebensmittel vertreibt. (PM Global 2000/ Coalition of NGO for GMO-free Slovenia) (pau)

Monsanto

Der US-Konzern Monsanto hat dem Zentrum für Konsumenten-Freiheit (Center for Consumer Freedom - CCF) eine Summe von 200.000 US-Dollar zukommen lassen. Die Gruppe gilt als frontgroup des PR-Unternehmens Berman & Co. CCF betreibt Nahrungsmittel-Kampagnen, in der ökologisch produzierte Lebensmittel als gefährlich und Gentech-Nahrung als gentechnisch verbessert bezeichnet wird. Gentech-GegnerInnen werden als Terroristen verleumdet, sie ("anti-biotech extremists") seien Teil einer wachsenden Welle des Terrorismus in den USA. Zu den Extremisten werden unter anderen auch Gruppen wie Greenpeace und Friends of the Earth gezählt. Entsprechendes geht aus einem Bericht von PR-watch hervor, einer Initiative des Zentrums für Medien und Demokratie, seinerseits eine non-for-profit Organisation mit Schwerpunkt Aufklärung von Medien- und Desinformationskampagnen. (www.prwatch.org; www.disinfo pedia.org) (pau)

"Pille danach"

Ab 2004 wird die "Pille danach" in deutschen Apotheken voraussichtlich auch ohne Rezept erhältlich sein. Dies hat der Sachverständigenausschuss der Bundesanstalt für Arzneimittel und Medikamentenprüfung dem Gesundheitsministerium empfohlen. Die Zustimmung des Ministeriums gilt als sicher. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion, Irmingard Scherwe-Gerigk, begrüßte die Empfehlung. Die steigende Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche von Frauen unter 18 Jahren zeige, dass Sexualaufklärung und der Zugang zu Verhütung wichtig seien. In neun europäischen Staaten sei das Präparat bereits rezeptfrei zu bekommen. (Deutsches Ärzteblatt, 07.07.03) (mf)

Erschienen in
GID-Ausgabe
159
vom August 2003
Seite 42 - 46