Einspruch gegen Mais-Patent
Firma KWS beansprucht Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung
Die internationale Koalition von Keine Patente auf Saatgut! legt Einspruch gegen ein Patent der Firma KWS ein. Das Patent betrifft auch die Verwendung von natürlicherweise vorkommenden Genvarianten und ist rechtlich ein Präzedenzfall.
Aktion bei der KWS Hauptversammlung in Einbeck im Dezember 2022 mit NPOS, dem GeN und der AbL.
(14. März 2023) Die internationale Koalition von Keine Patente auf Saatgut! legt heute Einspruch gegen ein Patent der Firma KWS ein. Betroffen ist Mais mit einer verbesserten Verdaulichkeit, der vor allem als Futtermittel genutzt werden soll. Das Patent EP3560330 wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) im Juni 2022 erteilt. Beansprucht werden Maispflanzen mit zufällig veränderten Genen, deren Ernte und die daraus hergestellten Futtermittel. Das Patent umfasst auch die Verwendung von natürlicherweise vorkommenden Genvarianten für die konventionelle Züchtung.
„Patente auf Saatgut behindern den Zugang zur biologischen Vielfalt und beenden die Freiheit in der traditionellen Pflanzenzucht. Damit gefährden die Konzerne die Grundlagen der Nahrungsmittelsicherheit in Europa“, sagt Katherine Dolan vom Verein Arche Noah.
Das Patent ist rechtlich ein Präzedenzfall: Es ist das erste Patent, für dessen Erteilung eine neue Regel des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) angewandt wurde, mit der Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere eigentlich verhindert werden sollen. Trotz dieser neuen Regel 28(2) geht das erteilte Patent über den Bereich der Gentechnik hinaus und betrifft auch die konventionelle Züchtung. Mit dem Einspruch will Keine Patente auf Saatgut! eine Klärung der rechtlichen Situation herbeiführen, um die Vergabe derartiger Patente stoppen.
„Patentierbar sind nur technische Erfindungen, nicht aber die genetische Vielfalt und das Saatgut konventionell gezüchteter Pflanzen! Das Patentamt verstößt mit solchen Patenten auf Saatgut gegen seine eigenen Rechtsgrundlagen“, sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!.
Derzeit sieht das EPA auch zufällige genetische Variationen, wie sie beispielsweise durch UV-Strahlung (Sonnenlicht) ausgelöst werden, als technische Erfindungen an. Zuletzt gab es deutliche Signale, die zeigen, dass die Rechtsprechung des EPA korrigiert werden muss: So sprach sich der Bundesverband der Pflanzenzüchter (BDP) gegen Patente auf natürlicherweise vorkommende Genvarianten aus. In Österreich soll das nationale Patentrecht so geändert werden, dass zufällige Mutationen nicht länger als technische Erfindungen beansprucht werden können. Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass auch der Verwaltungsrat des EPA, in dem die Expert*innen der 39 Mitgliedsländer sitzen, sicherstellt, dass das Patentrecht korrekt ausgelegt wird.
Sollten die strittigen Patente nicht gestoppt werden, warnt Keine Patente auf Saatgut! vor einer Blockade der traditionellen Züchtung. Bisher gilt: Konventionelle Pflanzenzüchter*innen können alle auf dem Markt befindlichen Sorten verwenden, um noch bessere Sorten zu züchten und zu vermarkten. Durch diese Freiheit für die Pflanzenzucht entstand eine große Vielfalt an neuen Pflanzensorten. In Zukunft würden Züchter*innen eine Patentlizenz benötigen, um ihre eigenen Sorten zu vermarkten.
„Mittelständische Zuchtunternehmen geraten in neue Abhängigkeiten und werden mit großen rechtlichen Unsicherheiten und erheblichen Kosten konfrontiert. Unter diesen Bedingungen können nur die großen Konzerne überleben, die dann bestimmen was angebaut und geerntet wird. Das würde auch für die bäuerlichen Betriebe in Europa und den Ländern des globalen Südens erhebliche Auswirkungen haben“, sagt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V..
Sollte der Einspruch gegen das Mais-Patent erfolgreich sein, wäre dies ein Meilenstein für die Zukunft der Pflanzenzüchtung. Zusätzlich fordert Keine Patente auf Saatgut! von der Politik rasche Maßnahmen, das Verbot von Patenten auf konventionelle Züchtung durchzusetzen und die Freiheit der traditionellen Züchtung zu bewahren.
Ansprechpartner*innen:
- Katherine Dolan, Bereichsleitung Politik, ARCHE NOAH, katherine.dolan@arche-noah.at,+43 660 6437 300
- Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), janssen@abl-ev.de, + 49 170 4964684
- Christoph Then, Sprecher für Keine Patente auf Saatgut!, info@no-patents-on-seeds.org, +49 151 54638040
Weitere Informationen
- Mehr Infos zum Patent auf der Homepage von Keine Patente auf Saatgut!
- Fotos von einer Demonstration gegen die Patente der KWS vom Dezember 2022.
- Video zu einer demonstarion gegen die Patente der KWS vom Dezember 2022.
- Das Positionspapier des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter.
Judith Düesberg ist Ökologin und Mitarbeiterin des GeN.
Nur durch Spenden ermöglicht!
Einige Artikel unserer Zeitschrift sowie unsere Online-Artikel sind sofort für alle kostenlos lesbar. Die intensive Recherche, das Schreiben eigener Artikel und das Redigieren der Artikel externer Autor*innen nehmen viel Zeit in Anspruch. Bitte tragen Sie durch Ihre Spende dazu bei, dass wir unsere vielen digitalen Leser*innen auch in Zukunft aktuell und kritisch über wichtige Entwicklungen im Bereich Biotechnologie informieren können.