Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Neue Studie zeigt: Genome Editing ist nachweisbar

Erstmalig ist es Forschenden gelungen, ein Nachweisverfahren für Pflanzen, die mittels neuer Gentechnik verändert wurden, erfolgreich zu testen. Diese Verfahren sind zwingend für den Handel, die gentechnikfreie Produktion und den Umweltschutz. 

Person mit Pipette im Labor analysiert Genom

Gentests können bei Tieren und Pflanzen angewendet werden. Credit: Science Photo Library, NTB Scanpix

Die Mär von der nicht nachweisbaren neuen Gentechnik (NGT) hält sich hartnäckig. Nun wurde der Nachweis in einem wissenschaftlichen Experiment vollbracht: Pflanzenteile, die mittels Verfahren der neuen Gentechnik verändert wurden, sind nachweisbar, sofern die jeweilige Veränderung bekannt ist. Dies haben Wissenschaftler*innen aus dem europaweiten Forschungsprojekt „DARWIN“ in einer Studie an Reis getestet  und dargelegt.  Mit diesem Konzeptnachweis leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Debatte über den Umgang mit geneditierten Pflanzen und Produkten.

Rückverfolgbarkeit in Produktion und Umwelt

Die Rückverfolgbarkeit von gentechnisch verändertem Material ist wichtig, um dieses in Produktionsketten oder der Umwelt feststellen zu können. Sie ist die Voraussetzung für  eine gentechnikfreie Produktion, was zum Beispiel für den Ökolandbau von zentraler Bedeutung ist. Außerdem bilden die Verfahren die Basis für das Monitoring des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen, ihrem Verbleib und ihre Verbreitung in der Umwelt. Auch um die verschiedenen nationalen Regelungen zur Gentechnik umzusetzen und ihre Einhaltung durch Kontrollen zu überprüfen, sind Nachweisverfahren zwingend.

In der EU stehen momentan noch die Unternehmen in der Bringschuld, die Produkte aus NGT vermarkten wollen. Sie müssen Nachweisverfahren für die Gentechnik-Pflanzen zur Verfügung stellen. Im Zuge der geplanten Deregulierung neuer Gentechniken in der EU könnte diese Verpflichtung wegfallen. Es wird argumentiert, dass die Nachweisbarkeit von gentechnisch verändertem Material, das durch Genome Editing  entstanden ist, die Forschenden vor eine große Herausforderung stelle. Denn durch die neuen Verfahren ist es möglich, nur einzelne Basen  der DNA zu verändern. Auch wenn bei den meisten Produkten, die momentan auf dem Markt sind oder an denen geforscht wird, mehr als nur eine Base verändert wurde, ist es wichtig zu zeigen, dass auch die kleinsten Veränderungen nachweisbar sind. Gleichzeitig muss in einem Nachweisverfahren auch ausgeschlossen werden, dass diese Veränderung durch NGT entstanden ist und nicht durch eine zufällige Mutation.

Der genetische Fingerabdruck

Das EU-finanzierte Projekt DARWIN hat sich diese Nachweisbarkeit zur Aufgabe gemacht. Die Molekularbiologin Marie-Alice Fraiture und Kolleg*innen entwickelten im Rahmen des Projektes mit der staatlichen belgischen Forschungseinrichtung Sciensano und dem französischen Forschungsinstitut CIRAD einen genetischen Fingerabdruck, der diesen hohen Anforderungen entspricht.  Dafür verwendeten sie die nicht kommerziell verfügbare, genomeditierte japanischen Reissorte „O. sativa (japonica group) cv. Nipponbare“ verwendet. Diese Linie hatte nur eine einzige Adenosin-Base im Gen OsMADS26 eingesetzt bekommen. Um einen eindeutigen Fingerabdruck dieser Linie zu entwickeln, mussten die relevanten Veränderungen im Genom gefunden werden. Dies können beispielsweise CRISPR-Cas-spezifische Erkennungssequenzen, auch PAM-Sequenzen genannt; potenzielle unbeabsichtigte Veränderungen oder Einzelbasen-Varianten, sogenannte SNVs (Single Nucleotide Variants) sein.

Dafür wurden im ersten Schritt die genetischen Daten des gesamten Genoms der GV-Reislinie und ihres Wildtyps erstellt und mit anderen genomischen Daten verglichen. Zu diesem Zweck wurden die Daten aus der umfangreichsten öffentlichen Genomdatenbank für Reis – dem Projekt „3000 Rice Genomes“ (3kRG), in dem sich die Daten von über 3.000 Reislinien befinden – herangezogen. Damit wurde sichergestellt, dass diese spezifische Veränderung am Gen zuvor noch nicht sequenziert wurde. Da jedoch davon auszugehen ist, dass es Reislinien gibt, die nicht in der Datenbank erfasst sind, reichten diese SNVs nicht aus, um eine eindeutige Identifizierung zu gewährleisten. Auch die PAM-Stellen stellten sich als ungeeignet für den Fingerabdruck heraus und es wurden zu wenige unbeabsichtigte Veränderungen gefunden, um eine sichere Identifizierung zu ermöglichen. Gleichzeitig mussten die einzigartigen Stellen im Genom nah genug beieinanderliegen, um sie mit gängigen Analysemethoden zu finden.

Schließlich identifizierten die Wissenschaftler*innen mit dem Einsatz von KI und Bioinformatik mehrere Schlüsselmoleküle, zu denen neben den SNVs, die durch die Genomeditierung entstanden sind, auch zwei spezifische SNV der Reislinie Nipponbare zählten. Hieraus konnten sie einen eindeutigen genetischen Fingerabdruck kombinieren. Mit diesem Fingerabdruck war es letztlich möglich, die NGT-Reislinie in Mischproben durch die Analysemethode Multiplex-PCR 1 zu erkennen – und zwar bereits bei einer Nachweisgrenze von 0,1 Prozent.
 
Diese Methode ist derzeit der erste Beleg dafür, dass die Strategie funktioniert. Sie muss jedoch noch validiert werden, um den EU-Standards für den Nachweis von gentechnisch veränderten Organismen zu genügen. Laut Fraiture und Kolleg*innen ist die Methode auf andere NGT-Linien mit gut charakterisiertem Hintergrund übertragbar, sofern vergleichbare genomische Ressourcen verfügbar sind – insbesondere auf Pflanzen wie Tomaten, Mais und Soja. Zwingend ist auch, dass präzise und detaillierte Sequenzinformationen des gentechnischen Eingriffs von den Hersteller*innen zur Verfügung gestellt werden.
 
Nachweisbarkeit kommt in EU-Verhandlungen zu kurz

Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik, fordert daher: „Erst-Inverkehrbringer müssen auch bei einem geänderten Zulassungsverfahren verpflichtet werden, detaillierte Informationen über die gentechnischen Veränderungen zu veröffentlichen. Diese ermöglichen eine effiziente Rückverfolgbarkeit für Unternehmen entlang der Herstellungskette und schaffen Transparenz und Wahlfreiheit für europäische Verbraucher*innen.“

Laut dem Informationsdienst Gentechnik spielen Nachweisverfahren in den laufenden Verhandlungen zur möglichen Deregulierung von den neuen Gentechniken in der EU bisher kaum eine Rolle. Ob sich das mit stetig wachsendem Wissen und mehr Druck aus der Öffentlichkeit ändern wird bleibt abzuwarten. Sicher ist: Ohne eine Pflicht zur Herausgabe der genetischen Informationen werden die Unternehmen sich auf ihr Geschäftsgeheimnis berufen und die Öffentlichkeit im Ungewissen lassen.
 

  • 1

    Multiplex PCR ermöglicht es im Gegensatz zu einer einfachen PCR mehrere Bereiche des Genmaterials oder von unterschiedlichen Organismen zu vervielfältigen und zu analysieren.

    30. Oktober 2025

    Judith Düesberg ist Ökologin und Mitarbeiterin des GeN.

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    Kontakt im GeN:

    Judith Düesberg

    Judith.dueesberg@gen-ethisches-netzwerk.de