Gentechnik im Honigglas

Kontamination von Honig mit gv-Pollen

Honig gilt in der öffentlichen Wahrnehmung als ein besonders gesundes und naturbelassenes Lebensmittel. Doch die Kontamination von Honig mit Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen ist bei weitem keine Ausnahme mehr.

In Deutschland werden pro Jahr etwa 90.000 Tonnen Honig verbraucht. Achtzig Prozent dieses Bedarfs werden durch Importe gedeckt, der Hauptteil stammt aus Argentinien, gefolgt von Mexiko, Uruguay und Chile. Argentinien ist einer der wichtigsten Honigerzeuger und -exporteure weltweit. 2007 stammten 31,1 Prozent des nach Deutschland importierten Honigs aus diesem Land, im vorhergehenden Jahr waren es sogar 37 Prozent.1Und spätestens hier kommt auch die Gentechnik ins Spiel: Denn in Argentinien werden flächendeckend gentechnisch veränderte (gv) Sojabohnen angebaut. Argentinien ist nach den USA und Brasilien drittgrößter Sojaanbauer der Welt2, und 99 Prozent der dort gepflanzten Soja ist gentechnisch verändert. Dabei handelt es sich um Round-upReady-Soja, entwickelt vom US-amerikanischen Biotechnologiekonzern Monsanto. Diese gentechnisch veränderte Soja ist resistent gegen das ebenfalls von Monsanto entwickelte Herbizid Glyphosat, das unter dem Handelsnamen „Roundup” vertrieben wird. So überrrascht das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Zeitschrift Öko-Test kaum: In Honig aus dem deutschen Einzelhandel wurden Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen gefunden. Fast die Hälfte der Proben war betroffen, dabei handelte es sich hauptsächlich um RoundupReady-Soja in Ware aus Mittel- und Südamerika.3 Soja ist zwar keine Bienentrachtpflanze, sie ist ein Selbstbefruchter und bildet nur wenig Nektar - aber ihren Pollen nehmen die Bienen offenbar trotzdem gerne mit.

Kanadischer Honig kontaminiert

Auch in kanadischem Raps-Klee-Honig wurde das von Öko-Test beauftragte Labor fündig: Dieser enthielt Pollen von gv-Raps - auch dies wenig verwunderlich, denn Kanada ist weltweit das Hauptanbauland von gv-Raps. Auf ungefähr 87 Prozent seiner gesamten Rapsanbaufläche wachsen gentechnisch veränderte Raps-Varietäten. Gentechnikfunde in kanadischem Rapshonig haben inzwischen schon Tradition: Bereits im Jahre 1998 berichtete Öko-Test von ersten Funden: Damals waren aber erst drei von neun Proben betroffen. Ein Jahrzehnt später zeigt sich schon ein eindeutigeres Bild: Alle fünf kanadischen Honige, die vom CVUA (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt) Freiburg im Rahmen der Lebensmittelüberwachung der Bundesländer im Jahre 2008 untersucht wurden, enthielten Pollen von gv-Raps - wie übrigens schon die fünf Proben des vorhergegangenen Jahres.4 Auf die Untersuchungsergebnisse der übrigen Bundesländer kann man nun gespannt sein...

GVO im Honig unerwünscht

Raps ist bekannt für seine hohen Auskreuzungsraten, sowohl was konventionellen Raps wie auch wildverwandte Arten betrifft. Tatsächlich dürfte es inzwischen kaum mehr möglich sein, in Ländern, in denen der Anbau von gv-Raps in großem Maßstab stattfindet, Honig ohne gv-Bestandteile zu gewinnen. Kontaminierter Honig hat auf dem europäischen Markt jedoch große Akzeptanzprobleme, denn der Großteil der Verbraucher lehnt Gentechnik in Lebensmitteln ab. Die Firma Langnese, nach eigenen Angaben „führender Honigabfüller Deutschlands”, bezieht deshalb schon seit Mitte 2002 keinen Honig mehr aus Kanada.5 Nun wurde die Kontamination eines Honigs aus dem Sortiment der Firma mit gv-Soja nachgewiesen. Es sollte Langnese aber schon aufgrund des Marktanteils mittel- und südamerikanischer Honige schwerfallen, hier entsprechende Schritte zu unternehmen.

Wenig hilfreiche Herkunftsangaben

Honig mit Bestandteilen aus gentechnisch veränderten Organismen muss nach geltender Gesetzlage nicht gekennzeichnet werden. Zur Orientierung blieben dem Verbraucher somit noch die Herkunftsangaben auf den Etiketten. Erwirbt man seinen Honig aber nicht direkt bei einem Imker seines Vertrauens oder wählt den Honig des Deutschen Imkerbundes, bleibt man über die Herkunft des Honigs jedoch weitgehend im Unklaren. In den Supermarktregalen steht hauptsächlich importierte Ware, bei der der Verbraucher nicht mehr feststellen kann, woher diese eigentlich stammt. Auf den Etiketten findet sich dann ein Hinweis wie „Mischung von Honig aus EG-Ländern“, „Mischung von Honig aus nicht-EG-Ländern”oder - noch weniger aussagekräftig - „Mischung von Honig aus EG- und Nicht-EG-Ländern”. Denn die Honigverordnung sieht zwar vor, dass „das Ursprungsland oder die Ursprungsländer, in dem oder denen der Honig erzeugt wurde” angegeben werden müssen; bei mehr als einem Ursprungsland können aber auch die oben angeführten, wenig hilfreichen Angaben gemacht werden.6

Pollen von MON810 im Honig

Doch auch bei Honig aus Deutschland ist man nicht immer auf der sicheren Seite: Im Herbst letzten Jahres wurden beispielsweise Pollen des gentechnisch veränderten Mais MON810 in der Jahresernte des bayerischen Imkers Karl-Heinz Bablok entdeckt.7 Bei einer Wiederzulassung des gv-Mais MON810 in Deutschland und einer Ausweitung des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa wird es wohl auch bald unmöglich sein, heimischen, gentechnikfreien Honig zu erhalten.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
194
vom Juni 2009
Seite 14 - 15

Theresia Scheierling ist Redakteurin beim Gen-ethischen Informationsdienst (GID).

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