Die giftigen Geschäfte der BASF

Aktuelle Aktivitäten eines deutschen Agrarchemie-Riesens

Am 27. April wird die diesjährige Hauptversammlung des internationalen Chemiekonzerns BASF SE in Mannheim stattfinden. Ein guter Moment, um die Aufmerksamkeit auf einige der letzten Aktivitäten des Konzerns im Agrarsektor zu lenken, die wenig Gutes erwarten lassen.

HV der BASF

„BASF treibt Innovationspipeline mit integrierten Lösungen zur Transformation der Landwirtschaft voran.“  So lautete der Titel einer Pressemitteilung der BASF am 15. März 2023. Was damit gemeint ist, wird gleich im ersten Absatz deutlich. Es geht um ein „erweitertes Portfolio für die Kontrolle von Unkräutern durch den Einsatz von Chemie, Biotechnologie und digitalen Lösungen“ sowie die „Stärkung der Position als Anbieter von Saatgut mit branchenführender Pipeline für Pflanzeneigenschaften.“ Was verbirgt sich hinter diesen Phrasen?

Ein neues Projekt der BASF und der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main ist in Deutschland angesiedelt und läuft seit Dezember 2022: Das auf zehn Jahre ausgelegte Projekt heißt „KlimaPartner Landwirtschaft“. Das Ziel: die „CO2-Emissionen der landwirtschaftlichen Produktion um bis zu 30 Prozent je Tonne Ernteertrag zu reduzieren.“  Ansatzpunkte hierfür sind unter anderem Bodenbearbeitungstechniken, digitale Auswertungs- und Beratungstools sowie – Überraschung – Pflanzenschutzmittel. Im weiteren Verlauf geht es allerdings auch um Hummus-Aufbau und energieeffizientere Lagerungsmöglichkeiten. Somit ist es für landwirtschaftliche Betriebe und die Gesellschaft in Mittel-Europa tatsächlich ein Projekt mit einigen sinnvollen und zukunftsorientierten Aspekten.

Ungesunde Partnerschaft

Ganz anders kommt ein weiteres in 2022 gestartetes Projekt zur Beikräuterkontrolle im Sojaanbau daher, welches am 30. August 2022 in einer Pressemitteilung erläutert wurde.  Zusammen mit dem Agrarriesen Corteva Agriscience plant die BASF „innovative Lösungen für die Unkrautkontrolle in Soja anzubieten“, die den Produzent*innen von Soja einen „langfristigen Ansatz“ ermöglichen, der „weit in die 2040er-Jahre wettbewerbsfähige Alternativen bieten“ soll. Leider ist der gewählte Ansatz weder besonders innovativ noch nachhaltig. Ganz im Gegenteil setzen die beiden Konzerne auf ihre gemeinsamen, ungesunden Schwerpunkte: Pestizide und Gentechnik.

Vereinigt wollen sie Sojapflanzen entwickeln, welche die Bearbeitung mit bis zu sechs unterschiedlichen Herbiziden tolerieren. Glufosinat-Ammonium, welches unter dem Namen Liberty® von BASF vermarktet wird, 2,4-D-Cholin als Enlist® von Corteva, drei Protoporphyrinogenoxidase (PPO)-Hemmer von der BASF (Kixor®, Trixor® und ein weiteres, welches noch in der Entwicklung ist) und Glyphosat vom Konkurrenten der Bayer AG. Für die Zusammenarbeit haben die Unternehmen ihre Rezepte, Lizenzen sowie Gen-Informationen ausgetauscht und zugesichert den Landwirt*innen „die Herbizide des jeweils anderen Unternehmens zu empfehlen.“

Gestapelte Resistenzen

Diese Verknüpfung von gentechnisch eingebauten Resistenzen gegenüber mehreren Herbiziden wird als stacked traits (gestapelte Eigenschaft) bezeichnet. Schon seit einigen Jahren propagieren die Chemie- und Agrarriesen hiermit eine Lösung für Resistenzen bei Beikräutern gegen ihre Herbizide zu haben. Denn gegen fast alle häufig genutzten Herbizide sind heutzutage resistente Beikräuter bekannt. Als Reaktion wenden die Landwirt*innen immer häufiger und mehr Herbizide an und erhöhen damit die negativen Auswirkungen des Chemieeinsatzes auf Mensch und Umwelt. Durch die stacked traits soll es möglich sein, die passenden gentechnisch veränderten Kulturpflanzen mit unterschiedlichen Herbiziden besprühen zu können. Dadurch soll der evolutionäre Druck auf die Beikräuter vermindert werden und die Entstehung von Resistenzen verzögert bzw. im besten Fall verhindert werden.

Es geht hierbei also um einen Ansatz zum Technologieerhalt. Eine Praxis, die in ihrer langfristigen Perspektive auf biologische Grenzen stößt, soll mittels einer neuen Zusammensetzung der gleichen Technologien ein „Weitermachen wie bisher“ ermöglichen. Die Fortführung eines sehr erfolgreichen Geschäftsmodells für die Konzerne und einer stetigen Vergiftung von Mensch und Umwelt.

Mehr schädliche Auswirkungen

Neben der bekannten Kritik an dem Einsatz von Herbiziden und gentechnisch veränderten Pflanzen bergen die stacked traits-Pflanzen noch weitere Risiken. Es werden mehr und unterschiedliche Herbizide auf den Flächen ausgebracht, was zu möglichen Wechselwirkungen führen kann. So ist Glufosinat-Ammonium schon alleine 500-mal toxischer für Wasserorganismen als Glyphosat. Laut einer aktuellen Studie führt Glyphosat zusammen mit Glufosinat-Ammonium bei Kaulquappen zu noch mehr gesundheitlichen Schäden. Ähnliche Ergebnisse gibt es auch für die Kombination von 2,4-D und Glyphosat.

Ähnlich wie bei Glyphosat werden auch bei Glufosinat-Ammonium und 2,4-D mögliche schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nicht ausgeschlossen. In einer aktuellen Studie  aus den USA konnte in einer von drei untersuchten Personen 2,4-D nachgewiesen werden. Zwischen 2012 und 2020 hat die Anwendung von 2,4-D in den USA um 67 Prozent zugenommen. Verschiedene Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass der Einsatz von 2,4-D und anderen Herbiziden, die in Verbindung mit gentechnisch veränderten Pflanzen stehen, insbesondere stacked traits-Pflanzen, weiter ansteigen wird.

Leider gibt es in vielen Staaten und auch in der EU keine vernünftige Risikoforschung und Untersuchungen zu den möglichen Wechselwirkungen zwischen den Herbiziden, oder auch zwischen den chemischen Substanzen und den gentechnisch veränderten Pflanzen auf denen sie angewendet werden.  Dabei sollte gerade das Beispiel von Glyphosat zeigen, wie wichtig eine gute öffentliche Forschung zu Gesundheits- und Umweltrelevanten Aspekten von Produkten ist.
 
Marktkonzentration

Trotz der zunehmenden Kritik am Einsatz von Pestiziden setzt die BASF gemeinsam mit Corteva auf ein vergiftetes Geschäft. Ungeachtet der negativen Auswirkungen, sehen sie vor allem einen steigenden Absatzmarkt und damit höhere Umsätze für sich. Aus der Pressemitteilung: „Beide Unternehmen erwarten von der Zusammenarbeit zusätzliche Produktangebote und einen verbesserten Zugang zum weltweiten Markt für Sojasaatgut und -eigenschaften im Wert von 7,1 Milliarden US-Dollar sowie zum Markt für Sojaherbizide im Wert von 5 Milliarden US-Dollar.“

Die Position beider Konzerne auf dem Weltmarkt ist dabei schon kaum noch zu toppen. Seitdem die BASF einen Großteil des Gemüse- und Saatgutbereichs von Bayer in 2018 übernommen hat, ist sie einer der ganz großen Player am internationalen Agrarbusiness. Corteva Agriscience ist 2019 aus der Fusion von Dow, DuPont und Pioneer entstanden. Beide Konzerne sind damit unter den internationalen Big Four in den Bereichen Biotechnologien, Saatgut und Agrarchemie.

Bio-Patente

Ein sehr wichtiger Einflussfaktor auf die zu erwartende Marktentwicklung in den Bereichen Biotechnologie und Saatgut sind Patente und Lizenzen auf Anwendungen und Pflanzeneigenschaften. So hält Corteva momentan die meisten Patente der Technologie CRISPR-Cas für landwirtschaftliche Anwendungen, dicht gefolgt von ChemChina (inkl. Syngenta), Bayer und BASF.

Patente verstärken die Tendenzen zur Marktkonzentration, weil sie ein ausschließendes Recht beanspruchen. Die Halter*innen von Patenten können den Zugang ganz untersagen oder Gebühren für die Verwendung fordern. Gleichzeitig schaffen Patente vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen Unsicherheiten bei der züchterischen Arbeit, weil die Übersicht über Patente und ihre Beschreibungen sehr anspruchsvoll und zeitintensiv ist.

Die gefundene Melone

Die BASF benutz daher, genau wie viele andere große Unternehmen, Patente, um wirtschaftlich interessante Pflanzeneigenschaften zu privatisieren. Dabei werden die Grenzen des rechtlichen oder  ethisch vertretbaren auch überschritten. So läuft gerade ein Prozess zu einem Patent auf eine Wassermelone von der BASF (Marke Nunhems). Das Patent umfasst Genvarianten der Melone, die auf natürliche Weise entstanden sind und durch Zufall von der BASF gefunden wurden. In 2021 hat die BASF das Patent EP2814316 angemeldet und wenige Monate später hast der Verein Keine Patente auf Saatgut! gegen dieses Patent Einspruch erhoben. Die Verhandlung am Europäischen Patentamt ist für den 12.09.2023 angesetzt.

Buisness as usual

Diese Beispiele machen deutlich, was die BASF meint, wenn sie von der „Transformation der Landwirtschaft“ spricht. Eine Landwirtschaft, die es ermöglicht, die stetigen Wachstums- und Geschäftsinteressen des Konzerns umzusetzen. Aber weder Gentechnik, noch Herbizide oder Patente auf Pflanzen sind die Treiber einer tatsächlich nachhaltigen und innovativen Landwirtschaft, die auf Diversität, Mitspracherechten und Schutz von Mensch und Umwelt ausgerichtet ist.

 

23. April 2023

Judith Düesberg ist Ökologin und Mitarbeiterin des GeN.

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